Der „Terminator“ in Öl, Ornella Mutis Rückenakt in Pastell. Erst mit Werbung für „Asterix und Obelix gegen Cäsar“ beendete der Italiener Renato Casaro 1998 seine Karriere beim Hollywood-Film. Er gilt immer noch als letzter großer Plakatmaler und hat bis dahin die internationale Welt der Filmplakate über Jahrzehnte beeinflusst. Das Deutsche Plakat Museum im Museum Folkwang zeigt jetzt 70 Plakate und Plakatentwürfe. Die sogenannten „Entwürfe“ sind eigentlich eigenständige Gemälde, deren technische Präzision an photorealistische Arbeiten denken lässt. Viele Details ließen sich lange Jahre drucktechnisch gar nicht darstellen. In den letzten Jahren verwendete Casaro auch die Sprühpistole – um noch mehr Genauigkeit zu schaffen. trailer sprach mit Plakatmuseumsleiter René Grohnert, der auch die Ausstellung kuratierte.
trailer: Herr Grohnert, hätte es den Maler Renato Casaro ohne die Filmindustrie überhaupt gegeben?
René Grohnert: Wahrscheinlich nicht. Weil er den Anlass zu malen überhaupt erst aus dem Filmplakat gewonnen hat. Er hat ja mit 17 begonnen, eine große Werbefläche für ein Kino in seiner Heimatstadt Treviso zu bemalen. Der Anlass war ein Film, der ihn animiert hat, sich auf diesem Gebiet auch weiterzubilden. Also ganz einfach: kein Film, kein Casaro.
Er gilt als letzter Plakatmaler – warum stirbt das Genre aus?
Das ist eine Frage, die vor allem die Ästhetik betrifft, und die ändert sich. Ungefähr seit 1990 gibt es ja diese Computerprogramme sowohl für Bildbearbeitung als auch für Satz und Layout, es gab Neuerungen in der Typographie, und daraus entstand eine neue Ästhetik. Dem musste sich Casaro stellen, aber er wollte sich auch nicht anpassen, und so hat er dann einfach gesagt, dass die Sache an dieser Stelle für ihn erledigt gewesen sei.
Was hat er für die Plakate als Vorlage benutzt? Eigene Fotos oder ein Filmstill?
Das ist eine Gemengelage. Er war sehr häufig an den Drehorten und hat tatsächlich abends schon die Rohschnitte gesehen, die Kommentare mitbekommen. Das war zu einem Zeitpunkt, als er schon berühmter war, wo man ihn direkt miteinbezogen hat. Er hat sehr schnell mitbekommen, welchen Charakter der Film haben soll, er hat mit Schauspielern sprechen können, mit den Regisseuren. Und er hat natürlich auch die Fotos gehabt. Aber es ging nie einfach darum, das Still zu wiederholen, sondern es ging darum, daraus das visuell Charakteristische für jeden Film zu erarbeiten. Er hat den Hintergrund charakterisiert und die Szene aus dem Film heraus entwickelt. Das heißt aber nicht, dass diese Szene in dem Film auch immer vorkam. Er hat ein Gebirge als Gebirge gemalt und nicht immer das spezielle, welches da im Film vorkam.
Bei „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ war es sogar so, dass sein Plakatentwurf Teil des Plots wurde?
Genau. Er sollte ein Plakat machen, das diese Faulheit und Lässigkeit des Filmhelden Terence Hill in irgendeiner Form transportiert. Er hat sich dann diese eigentliche Krankentrage ausgedacht, die von einem Pferd gezogen wurde. Es waren zwei Stöcke, ein bisschen Plane dazwischen, und der Held hängt da locker drin. Das sieht sehr bequem aus, und man fand das so gut, dass die Trage noch in den Film eingebaut wurde. Wenn man sich den daraufhin anschaut, dann merkt man schnell, dass es eigentlich gar nicht reinpasst, aber es sieht eben lässig aus. Insofern ist das Einbringen von Casaros Visualität, sozusagen in umgekehrter Reihenfolge, also mal nicht vom Film ins Plakat, sehr schön belegt.
Die Ausstellung umfasst drei Zeitabschnitte?
Es sind vor allem auch Genreabschnitte, die sich aus der vergangenen Zeit ergeben. Es geht los mit dem Kino in den 1950er und -60er Jahren, mit dem Casaro großgeworden ist. Eben Western, Monumentalfilme und so was in der Art. Dafür hat er gearbeitet, dafür wurde er auch berühmt. 1965 holte ihn Dino De Laurentiis für sein Opus „Die Bibel“, und seine Bilder hängen daraufhin am Sunset Boulevard an Großflächen. Das war sein internationaler Durchbruch. Danach wurde er überallhin eingeladen, diese Dinge noch einmal zu tun. Später ändert sich das. Der Monumentalfilm verschwindet, aus dem Western wird der Italo-Western, bei dem arbeitet er vor allem für Terence Hill und Bud Spencer, aber auch für Komödien mit Adriano Celentano oder auch Didi Hallervorden, dannkommen die Actionfilme, die Horrorfilme. Das heißt, wir haben hier zwar eine zeitliche Abfolge, aber auch eine Abfolge dessen, was als Filmgenre auftritt. Casaro passt sich dem immer wieder an, weil er auch seine Technik, mit Airbrush zum Beispiel, immer wieder der veränderten Visualität der Filme nacharbeitet. Das hält ihn über 30 Jahre auf diesem Level.
Ist dann der Weg zum Endprodukt nicht interessanter als das endgültige Plakat?
Das ist eine Ansichtssache. In diesem speziellen Fall muss man sagen, dass auf besonders sorgfältige und intensive Weise diese Vorzeichnung, die ja in aller Regel Gemälde ist, gemacht wurde. Aber für mich als Plakatmann bleibt es die Vorstufe, wenn auch eine wertvolle.
Wie publikumswirksam ist Casaro heute noch?
Weil er aktiv keine Plakate mehr macht, ist sein Name in der Öffentlichkeit natürlich nicht mehr so präsent. Ohnehin ist das Plakat ja das falsche Medium, wenn man als Person berühmt werden will, weil der Name hinter dem Plakat selten überhaupt bekannt ist. Aber bei der Eröffnung und vor allem bei Führungen mit Studenten stellt man fest, dass viele arg verwundert waren, mit welcher technischen Brillanz man diese Dinge händisch machen kann, weil heute jeder nur noch an den Computer denkt.
Casaro war ja zur Eröffnung da. Hat ihm die Ausstellung gefallen?
Zum Glück ja.
„Gemalter Film“ I bis 15. April I Deutsches Plakatmuseum im Museum Folkwang, Essen
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