Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.582 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Wer in 20 Jahren noch von seiner Rente leben kann, hat Schwein gehabt
Foto: Jan Schliecker

Normalzustand Altersarmut

18. Dezember 2014

Immer weniger Menschen können im Ruhrgebiet von ihrer Rente allein leben – Thema 01/15 Arm & Reich

Ist die „Altersarmut“ nur Einbildung oder belegbar? Klare Zahlen liefern diverse Erhebungen des Landesamtes für Statistik und der DGB-Rentenreport. Der Kreis Unna nimmt eine traurige Spitzenstellung im Ruhrgebiet ein. 1.124 Menschen jenseits der 65 waren dort im vergangenen Jahr auf Grundsicherung im Alter angewiesen. Das bedeutet einen Anstieg von 11,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ähnlich ist die Situation in Ennepe (9,9 Prozent), und Recklinghausen (9,3 Prozent). Der Schnitt im Ruhrgebiet liegt bei einem Anstieg von 7,4 Prozent auf knapp 34.000 Rentner in 2013. Ende des Jahres erhielten in NRW nahezu 250.000 Menschen Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn also jemand aufgrund von Krankheit oder Unfall arbeitsunfähig wurde. Das waren rund 18.000 (7,8 Prozent) mehr als im Vorjahr. 55 Prozent davon waren mindestens 65 Jahre alt.

Laut einer Expertise der paritätischen Forschungsstelle in Berlin häuft sich Altersarmut derzeit noch nicht im Ruhrgebiet, es sei dafür jedoch stärker als die Mehrzahl der anderen Regionen in NRW von Armut allgemein betroffen. Aber auch diese Menschen erreichen das Rentenalter – und dann steigt die Quote hier ebenso rasant wie in weniger industriell geprägten Städten am Rhein, in denen das Niedriglohnsegment schon viel früher Überhand gewonnen hat.

Denn etwa jeder sechste Einwohner Nordrhein-Westfalens war 2013 von relativer Einkommensarmut betroffen. „Dieser Anstieg ist im Wesentlichen auf höhere Armutsgefährdung der Personen aus Haushalten von Geringqualifizierten zurückzuführen“, so das Landesamt für Statistik. Nach der Definition der EU gilt eine Person dann als armutsgefährdet, wenn ihr weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung zur Verfügung stehen. Laut Mikrozensus lag die Armutsgefährdungsschwelle für Einpersonenhaushalte in NRW im vergangenen Jahr bei monatlich 873 Euro.

Angesichts solcher Zahlen schlagen die Sozial- und Wohlfahrtsverbände Alarm. Der VdK NRW warnte unlängst davor, „dass Armut in unserem Bundesland zur Normalität werden könnte“. Um das zu verhindern, müssten dringend Maßnahmen gegen Ursachen wie Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, nicht bedarfsgerechte Grundsicherungsleistungen und nicht ausreichende Renten unternommen werden. Nötig sei vor allem eine stärkere Regulierung des Arbeitsmarktes: „Schließlich werden all diejenigen, die sich schon in jungen Jahren mit befristeten Anstellungen, Leih- und Zeitarbeit oder Teilzeit- und Minijobs mühsam über Wasser halten müssen, auch später im Alter kaum von ihrer Rente leben können“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Gleiches gilt für die rund 335.000 Langzeitarbeitslosen in NRW, die selbst bei einer guten wirtschaftlichen Entwicklung und zunehmendem Fachkräftebedarf so gut wie keine Chancen auf eine Rückkehr ins Berufsleben haben.“

Ins gleiche Horn stößt der aktuelle DGB-Rentenreport. In der Region Dortmund-Hellweg beziehe man heute im Schnitt 72 Euro weniger Rente im Monat als vor 20 Jahren, in Bottrop, Gelsenkirchen und Recklinghausen sogar 180 Euro weniger: „Die Menschen müssen immer länger arbeiten und haben dennoch immer niedrigere Rentenansprüche. Wenn es nicht gelingt, den Sinkflug der Neurenten zu verhindern, wird in Zukunft eine durchschnittliche Rente nicht mehr zum Leben reichen.“ Wenn man die Einnahmeseite der Rentenversicherung in NRW betrachte, falle auf, dass fast ein Viertel der Erwerbstätigen nicht in der Lage sei, eine eigenständige Alterssicherung aufzubauen: „Dies betrifft vor allem die dauerhaft geringfügig Beschäftigten, die keine Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen. Der Anteil dieser Menschen steigt langsam, aber stetig.“

Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter: choices.de/thema und engels-kultur.de/thema

Klaus Bunte

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Vom unsichtbaren Bettler zum Menschen
Filmpremiere „Obdachlos – 4 Tage ein ‚Penner’“ am 7.1. im Kulturzentrum August Everding in Bottrop – Foyer 01/17

Auf der Straße
Premiere von „Obdachlos – 4 Tage ein ‚Penner‘“ am 7.1. im Kulturzentrum Bottrop

Leinwand-Helden des Lebens
Premiere von „Brüchige Biografien“ über bodo-Verkäufer im Metropolis-Kino – Foyer 12/16

Freundlicher Populismus
Robert Misik stellt neues Buch „Kaputtalismus“ am 22.9. im Mülheimer Ringlokschuppen vor – Spezial 09/16

Die Gespenster des Kapitalismus
Das neue Buch der taz-Wirtschaftskorrespondentin Ulrike Herrmann – Literatur 09/16

Vom Leben auf der Straße
Robert Lucas Sanatanas las am 7.9. im Medienforum Essen – Literatur 09/16

„Diese Abkommen sind undemokratisch, unsozial, unökologisch“
Alexis Passadakis von Attac über TTIP, CETA und das Klimacamp bei Köln – Spezial 08/16

Gespaltene Gesellschaft
„Talk im DKH“ mit Christoph Butterwegge und Werner Patzelt am 1.7. in Dortmund

Steuergerechtigkeit geht alle an
Wie Konzerne es schaffen, dem Staat und damit jedem Einzelnen Milliarden vorzuenthalten – THEMA 01/16 GERECHT STEUERN

„Wir verschärfen die aktuellen Krisen durch ungerechte Steuerpolitik“
Markus Meinzer, Finanz- und Steueranalyst, über Deutschlands Rolle als Steueroase – Thema 01/16 Gerecht Steuern

Selbst ist das Volk
Politik orientiert sich nicht am Gemeinwohl – THEMA 11/15 GEMEINWOHL

Es fehlt eine Gemeinwohlbilanz
Attac-Mitbegründer Christian Felber über sein Gemeinwohlökonomie-Konzept – Thema 11/15 Gemeinwohl

trailer Thema.

Hier erscheint die Aufforderung!