Zu einer Zeit, in der alle Völker in Bewegung waren, wird Hagen von Tronje ins Isenland gesandt, um im Namen seines Königs um die Hand der wunderschönen Brunhild anzuhalten. Alles hätte gut enden können, doch Mond und Sonne passen nicht auf, das Unglück beginnt: Durch Odin ausgelöst, machen Tsunami, Erdbeben und Atomkatastrophe Isenstein zum einzigen Zufluchtsort, in dem Brunhild und Tronje sich verschanzen und niemanden herein lassen. Eine Lawine von Müll umgibt sie: Autoreifen, Leitern, Blechtonnen, Stühle, Trimrad, Statue, Kerzen, Gitarre und dergleichen Unrat mehr. Ein Weltuntergangsszenario gar nicht mal so fern ab der Realität. In rauen Mengen bereitet Brunhild Hagens Heroin in Aquarienbecken zu – ansonsten leben die beiden von Luft und Sex. Hagen geht auf die Jagd und zerschmettert dabei eine Wassermelone, deren Blut er gierig aufsaugt.
Doch gut sieht es nicht aus, gar nicht gut, wie die beiden in ständiger Wiederholung feststellen, denn sie sind von Amazonen umgeben, so weit das Auge reicht. Und schließlich fallen auch noch Gunther und Siegfried in Isenstein ein. Nachdem Siegfried gezeigt hat, dass er singen kann wie Elvis und Gunther seine beeindruckende Brustmuskulatur beweist, verwüsten sie das Land, vergewaltigen Brunhild und foltern Hagen, damit er ihnen Brunhild überlässt. Eher tot als lebendig bleiben die beiden Opfer zurück – doch dieser Zustand ist nur von kurzer Dauer, schon bald kocht Brunhild wieder ihr Süppchen für Hagen, der beschlossen hat, sich nicht mehr von der Stelle zu bewegen und über den Tod seniert. Denk ich nicht an ihn, denkt er nicht an mich ist dagegen Brunhilds Einstellung.
Die Inszenierung „Nibelungen III: Isenstein“ von Arne Nobel in der Rottstr5 spart nicht an Brutalität und Lautstärke, es wird geschossen, verwüstet und zerstört was das Zeug hält. Brunhild und Hagen, obwohl nach den Misshandlungen noch blutüberströmt, feiern am Ende des Stücks wild und ausgelassen gemeinsam mit ihren Peinigern. Eine Handlung ist nicht vorhanden, die Figuren austauschbar, ihre Namen belanglos. Der Abend ist noch skurriler als er bei Nibelungen II gewesen ist – und ein großes Vergnügen.
„Nibelungen I bis III“ nach der Fassung von Hans Dreher und Carsten Pfeffer I R: Arne Nobel I Rottstr5 Theater Bochum I So 1.5. 19.30 Uhr I 0163 761 50 71
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