Es fängt schon beim Geruch an, beim Aroma von Staub und langen einsamen Jahren, den Fotograf Christoph Grund atmet, wenn er sich auf seine Entdeckungstouren in längst verlassene Häuser und Fabrikhallen begibt, an verlorene Plätze, versteckt in den Städten. „Und dann ist da noch die Geschichte des Ortes, all die Dinge die zurück gelassen wurden“, schwärmt er und erklärt seine Faszination für die sogenannte Lost-Places-Fotografie. Den gesamten August über sind im Schlegel-Haus in Bochum Werke von Grund und zwanzig anderen Fotografen zu sehen, die sich die gemeinsame Leidenschaft für das fotografische Erkunden verlassener Orte teilen.
Initiiert wurde die Ausstellung UrbExpo, die bereits zum vierten Mal stattfindet, von Olaf Rauch, selbst Fotograf. Der Name der Ausstellung bezieht sich auf den Begriff Urban Exploring, bezeichnet das Erkunden und fotografische Dokumentieren von Industrieruinen, zerfallenen Häusern und anderen „Lost Places“. Mit der Kamera um den Hals durch Bauruinen kraxeln, sich in leerstehende Fabrikhallen schleichen – vielleicht liegt es am Abenteurer-Image, das ihre Arbeitsweise ausstrahlt, aber die Urban-Explorer gelten manchen Medien als Schmuddelkinder der Fotografie. So hat es zumindest Olaf Rauch beobachtet.
Zu Unrecht, wenn man die Werke der 21 Fotografen der UrbExpo betrachtet: Christoph Grunds „Lied der Stille“ zum Beispiel zeigt ein ehemaliges Wuppertaler Altersheim, warmes Sonnenlicht fällt in die leeren Räume und legt sich zart über ein einsames Klavier in der Ecke des Zimmers. Man könnte meinen, Fotograf Grund hätte das romantische Bild inszeniert, aber: „Das Ziel ist es eben nichts zu inszenieren“, erklärt er. „Es wird aufgenommen wie es da ist, da wird nichts dekoriert und nichts verändert.“
Sein Luxemburger Kollege Andy Starflinger sieht das genau so: „Ich will die Orte ja so zeigen, wie ich sie selber gesehen habe“, betont er. Ansonsten könne er ja auch ins Studio gehen, und mit Spraydosen künstliche Spinnweben auf alte Möbel sprühen. Das könnte auch schön aussehen, würde aber nicht den Geist und die Idee von Urban Exploring und Lost-Places-Fotografie einfangen.
Es geht um die Geschichten, die jene Orte erzählen – oder eben verweigern zu erzählen. „Who lived there?“ ist der Titel eines Fotos von Olaf Rauch, denn es geht auch um Fragen, die der Urban Explorer mittels Kamera zu beantworten sucht.
Eine andere Herangehensweise: Die oft surreal anmutenden Orte zu dokumentieren, aber dann mittels Titel in einen ganz anderen Kontext zu stellen. Ein Bild von Manuel Eichelberger zeigt einen futuristisch anmutenden Maschinenraum, wo auch immer er ihn entdeckt haben mag. Der Titel „Mothership“ entrückt das Bild dann komplett der echten Welt.
Um noch besser in diese fremde, versteckte Welt einzutauchen wird die Ausstellung auch musikalisch begleitet: Elektronische Klänge, mal sanft vor sich hin blubbernd, dann wieder aggressiv stampfend, bilden den passenden Soundtrack zur Ästhetik des Verfalls.
UrbExpo | bis 30.8. | Schlegel Haus, Willy-Brandt Platz 5-7, Bochum | urbexpo.eu
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