Ein Spaziergang durch Rom. Vom Zentrum in die einzelnen Stadtteile. Von den alten Kinosälen zu den neuen, die nicht irgendwo auf der Wiese, sondern genau in den alten entstehen. Auf der Via Veneto, wo Fellinis „La Dolce Vita“ spielte, wo sich die Schönen und Reichen trafen – und diejenigen, die mindestens eins davon sein wollten – geht es los. Gleich um die Ecke wartet das Fiamma auf seine Neueröffnung. Sein Leben begann am 4. Februar 1960 mit Fellinis Meisterwerk und endete 2017. Nun hat Kultusminister Dario Franceschini zusammen mit Marta Donzelli, Präsidentin der Fondazione Centro Sperimentale di Cinematografia, Nägel mit Köpfen gemacht und das Fiamma gekauft.
„Wir müssen der Krise in den Kinos begegnen, indem wir uns auf Innovation sowohl bei der Modernisierung der Strukturen als auch beim Erlebnis für den Zuschauer konzentrieren“, so Franceschini. „Wir erleben das Paradox der Kinokrise in einer Zeit, in der das Kino und der audiovisuelle Sektor ein großes Wachstum verzeichnen. Dieser Krise muss hartnäckig begegnet werden. Die Räume sind ein Ort gesellschaftlicher und kultureller Zusammenkünfte.“
Rom hatte schon in den 1980er Jahren unter der Kinokrise zu leiden, weil die vielen Einzelpaläste sich partout nicht in Kinocenter verwandeln wollten und bei ihrer alten Auswertungspolitik blieben. So bekamen jeweils vier bis fünf Kinos den neuesten Film, der dann nach vier oder fünf Wochen weiter in die Nachspielhäuser wanderte. Rom war stolz auf seine Einzelkinos – und so ist es ein Drama, dass viel zu viele dieser Häuser seit Jahren oder gar Jahrzehnten leer stehen. Über 100 Kinos wurden im Verlauf der letzten Jahrzehnte geschlossen.
2016 brachte der portugiesische Streetart-Künstler MaisMenos an mehreren alten Kino-Schaufenstern und -Türen in riesigen Buchstaben die Wörter „Lights“, „Camera“ und „Action“ an, um auf die leerstehenden Räume mitten in der Stadt hinzuweisen. Viele Menschen blieben stehen und diskutierten über die Aktion – und über das Kino. Dennoch geht es an vielen Stellen nicht voran – das Metropolitan in der Via del Corso soll als Geschäftshaus mit kleinem Saal wiedereröffnen, im riesigen Maestoso mit seiner mehrstöckigen Glasfassade auf der Via Appia Nuovo tut sich aber immer noch nichts.
Besonders spannend ist das Schicksal des Cinema America auf der Via Natale del Grande, das 2012 nach 14 Jahren Leerstand von jungen Leuten besetzt wurde. In der ganzen Stadt organisierten die Kinobesetzer daraufhin Open-Air-Abende, um für ein neues Gemeinschaftserlebnis und das Kino mitten in der Stadt zu werben. Filmemacher:innen und Prominente verbündeten sich mit den Kinoenthusiasten und besuchten die Vorführungen oder spendeten Geld. Im letzten Jahr unterbreitete das „Piccolo America“-Team dem Eigentümer des America ein Angebot von 2,5 Millionen Euro, um das Kino zu kaufen und auf eigene Kosten zu renovieren. Egal, wie es ausgeht – eins ist klar: Das zweite Leben des Kinos beginnt genau jetzt.
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