Gesellschaftsspiel – das klingt harmlos, nach einer Pause vom Ernst des Lebens. Und so ist es ja auch! Ein Brett-, Würfel- oder Kartenspiel ist aber auch eine Charakterübung für die Spieler, die Frusttoleranz, Ehrgeiz, Mitgefühl oder Humor entwickelt oder offenlegt. Nicht weniger gilt das für sportlichen Wettkampf und Videospiele. Alle drei Spielarten sind aus unserem Leben nicht wegzudenken, prägen lautstark das öffentliche Gespräch (Fußball …), werden eher unterschätzt (Brettspiele …) oder bilden die weltgrößte Unterhaltungsindustrie (Videospiele). In unserem Monatsthema Verspielt geht es um die Faszination des Spielens.
Unsere Leitartikel wägen ab, was an den Vorurteilen dran ist, die Videospielen nach wie vor entgegengebracht werden, hinterfragen den Sponsorenvertrag zwischen Borussia Dortmund und dem Rüstungskonzern Rheinmetall und fragen, was Brettspiele mit dem Leben zu tun haben.
In unseren Interviews plädiert der Medienpädagoge Martin Geisler für mutigere Videospiele, der Sportpädagoge Christian Gaum erklärt, warum Sportgroßereignisse sogar Menschen begeistern, die Sport sonst kalt lässt und der Spieleautor Marco Teubner verrät, wie gesellschaftliche Stimmungen mit Gesellschaftsspielen zusammenhängen.
In unseren Lokalbeiträgen erfahren wir, was für die Kölner Spieldesignerin Mel Taylor ein gutes Videospiel ausmacht, wie sich Jugendliche im Bochumer Trainingszentrum Open Space in modernen Bewegungskünsten üben und wie Wuppertaler Spieletreffs die Leidenschaft für Gesellschaftsspiele pflegen.
Das mit mehreren Millionen Teilnehmern größte Sportereignis in Deutschland trägt seinen spielerischen Anspruch im Namen: die Bundesjugendspiele. Die Kritik an der im Nationalsozialismus gründenden Veranstaltung reicht weit zurück, beklagt Benachteiligung, ja, Demütigung und Traumatisierung von unsportlichen Schülern oder einen pädagogisch antiquierten Fokus auf Gegnerschaft statt auf Teamfähigkeit und Spaß an der Bewegung. Die jetzt in Kraft getretene Reform scheint davon nicht unbeeindruckt: Vornehmlich an Grundschulen sollen die Leistungen nicht mehr haarklein gemessen und bloß innerhalb der jeweiligen Schulgemeinschaft verglichen werden, statt nach bundesweiten Standards. Geschicklichkeitsspiele sollen das Ringen um ‚Rekorde‘ ergänzen. Klingt nicht nach einem, nun ja, großen Wurf – es bleibt beim Gegeneinander! Da könnte auch Hessens Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) beruhigt sein, der wähnt, die Reform vermittle Kindern, „dass Leistung nichts mit dem Leben zu tun hat“. Diese Botschaft vermittelt ohnehin treffsicher die nachschulische Arbeitswelt, in der Leistung und Lohn herzlich wenig miteinander verbindet. Übrigens: Demütigende Erfahrungen machen Schüler in allen Schulfächern, nicht bloß im Sport. Es gibt also reichlich Gründe, über neue Spielregeln nachzudenken. Für die Schule und fürs Leben.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Werben fürs Sterben
Teil 1: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 1: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 1: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Das Spiel mit der Metapher
Teil 3: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 3: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa
Ausgefischt
Intro – Meeresruh
Machtspiele
Intro – Gewaltrausch
Natürlich wählen
Intro – Unsere Tiere
Wahlverwandt
Intro – Beziehungsweisen
Gefahrenzulage
Intro – Arbeit oder Leben?
Ablenkungsversuch
Intro – Hab’ keine Angst
Gelassen ernst
Intro – Unheimlich schön
Zeit des Verlangens
Intro – Ganz schön empfindlich
Politik mit Vorsatz
Intro – Nach der Demokratie
Weihnachtswunder
Intro – Geben und nehmen
Wer die Demokratie gefährdet
Intro – Wer bewacht die Wächter?
Bloß kein Erbarmen
Intro – Digital unverbunden
Wen Lindner so treibt
Intro – Schöne neue Zukunft