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Ran an die Regeln

31. Oktober 2024

Intro – Verspielt

Gesellschaftsspiel – das klingt harmlos, nach einer Pause vom Ernst des Lebens. Und so ist es ja auch! Ein Brett-, Würfel- oder Kartenspiel ist aber auch eine Charakterübung für die Spieler, die Frusttoleranz, Ehrgeiz, Mitgefühl oder Humor entwickelt oder offenlegt. Nicht weniger gilt das für sportlichen Wettkampf und Videospiele. Alle drei Spielarten sind aus unserem Leben nicht wegzudenken, prägen lautstark das öffentliche Gespräch (Fußball …), werden eher unterschätzt (Brettspiele …) oder bilden die weltgrößte Unterhaltungsindustrie (Videospiele). In unserem Monatsthema Verspielt geht es um die Faszination des Spielens.

Unsere Leitartikel wägen ab, was an den Vorurteilen dran ist, die Videospielen nach wie vor entgegengebracht werden, hinterfragen den Sponsorenvertrag zwischen Borussia Dortmund und dem Rüstungskonzern Rheinmetall und fragen, was Brettspiele mit dem Leben zu tun haben.

In unseren Interviews plädiert der Medienpädagoge Martin Geisler für mutigere Videospiele, der Sportpädagoge Christian Gaum erklärt, warum Sportgroßereignisse sogar Menschen begeistern, die Sport sonst kalt lässt und der Spieleautor Marco Teubner verrät, wie gesellschaftliche Stimmungen mit Gesellschaftsspielen zusammenhängen. 

In unseren Lokalbeiträgen erfahren wir, was für die Kölner Spieldesignerin Mel Taylor ein gutes Videospiel ausmacht, wie sich Jugendliche im Bochumer Trainingszentrum Open Space in modernen Bewegungskünsten üben und wie Wuppertaler Spieletreffs die Leidenschaft für Gesellschaftsspiele pflegen.

Das mit mehreren Millionen Teilnehmern größte Sportereignis in Deutschland trägt seinen spielerischen Anspruch im Namen: die Bundesjugendspiele. Die Kritik an der im Nationalsozialismus gründenden Veranstaltung reicht weit zurück, beklagt Benachteiligung, ja, Demütigung und Traumatisierung von unsportlichen Schülern oder einen pädagogisch antiquierten Fokus auf Gegnerschaft statt auf Teamfähigkeit und Spaß an der Bewegung. Die jetzt in Kraft getretene Reform scheint davon nicht unbeeindruckt: Vornehmlich an Grundschulen sollen die Leistungen nicht mehr haarklein gemessen und bloß innerhalb der jeweiligen Schulgemeinschaft verglichen werden, statt nach bundesweiten Standards. Geschicklichkeitsspiele sollen das Ringen um ‚Rekorde‘ ergänzen. Klingt nicht nach einem, nun ja, großen Wurf – es bleibt beim Gegeneinander! Da könnte auch Hessens Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) beruhigt sein, der wähnt, die Reform vermittle Kindern, „dass Leistung nichts mit dem Leben zu tun hat“. Diese Botschaft vermittelt ohnehin treffsicher die nachschulische Arbeitswelt, in der Leistung und Lohn herzlich wenig miteinander verbindet. Übrigens: Demütigende Erfahrungen machen Schüler in allen Schulfächern, nicht bloß im Sport. Es gibt also reichlich Gründe, über neue Spielregeln nachzudenken. Für die Schule und fürs Leben.

Dino Kosjak/Chefredaktion

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