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Kalter Blick, abstrakte Bedrohung
Foto: Cornelia Wortmann

Am Netz vorbei

30. Juli 2015

Warum Datenschutz für die Politik zu abstrakt ist – Thema 08/15 Digitalis

Die Sache mit dem Datenschutz ist eine relativ komplizierte Sache, also sammeln wir erst einmal die Fakten: 1. Mit Datenschutz kann man keine Wahlen gewinnen, genauer gesagt, mit Datenschutz kann man keine Wahlen verlieren – das läuft zwar letztlich aufs Gleiche hinaus, klingt aber dramatischer und ist eben doch irgendwie wahrer. 2. Die Tatsache, dass man mit dem Thema Datenschutz, wie gezeigt, keine Wahlen verlieren kann, geht daher verlässlich zu Ungunsten des Datenschutzes selber, und damit in Verlängerung, zu Gunsten der Bundeskanzlerin. So weit, so die niederschmetternde Diagnose.

Nein, Wahlen verlieren, das kann man verlässlich nur mit Themen, die die Menschen so richtig wütend machen – beispielsweise wenn einer, also ein Politiker, zu viel Geld verdient, beispielsweise für das Halten von Vorträgen bei den Stadtwerken in Bochum. Und/oder eben, wenn man gegen Angela Merkel antritt, wir drehen uns also im Kreis.

Die Problematik des Datenschutzes ist natürlich eine der Komplexität. Deshalb eignet sie sich nicht für die allgemeine politische Diskussion, denn die leicht verständlichen Antworten sind allesamt falsch. Das, worum es beim Thema Datenschutz im Kern geht, also wenn man das Problem genauer betrachten und verstehen will, lässt sich nur in sehr abstrakten Kategorien denken.

Da mir selber die Fähigkeit zum analytischen Denken leider komplett fehlt, das Thema für mich aber seit vielen Jahren eine besondere Rolle spielt, mache ich mir seit ungefähr 2010 die Mühe, die besten Argumente für einen unbedingten und uneingeschränkten Schutz der Privatsphäre aus Büchern in einem Sammeldokument niederzuschreiben. Sehr gut fündig wird man da immer bei der Schriftstellerin und Publizistin Juli Zeh – empfohlen sei an dieser Stelle sowohl ihr Roman „Corpus Delicti“ sowie – wer es gerne essayistischer mag – die Sammlung ihrer stichhaltigsten Abhandlungen in dem Band „Nachts sind das Tiere“. Wer daraus aber nochmal nur die besten Argumente zum Thema Datenschutz extrahiert haben möchte, der kann mich gerne anrufen, ich faxe ihm dann meine Paraphrasierungen zu. Mir liegt das Thema schließlich am Herzen.

Übrigens: Gerade weil die Bewertungskategorien in dieser Sache abstrakte, monetär nicht darstellbare, sind, ist der größte Feind des Datenschutzes nicht selten der Utilitarismus. Der Utilitarist sagt immer: Was kümmern mich eure philosophischen, ethischen oder staatstheoretischen Diskussionen, wenn es – Beispiel – um die Rettung eines kleinen Kindes (um die Rettung eines ganzen Landes!) geht. Wahrscheinlich wurde der Utilitarismus allein für Terrorabwehr-Rhetorik erfunden, dabei weiß doch jeder, dass man selbst bei terroristischen Aktionen wirklich nie ums Leben kommt. Außer natürlich, man hat sich vorher wirklich was zu Schulden kommen lassen, aber das lässt sich ja mittlerweile ebenfalls sehr gut voraussagen.


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Timon-Karl Kaleyta

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