Als die städtischen Bühnen Köln ihren Spielplan für die Saison 2011/12 bekanntgaben, stand wieder einmal keine Musical-Inszenierung auf dem Spielplan, dafür aber jede Menge „oller Opern- und Operetten-Kamellen“ von „Tosca“ über „La Traviata“ und „Rigoletto“ bis hin zur „Csardasfürstin“. Da wird man einfach den Verdacht nicht los, dass die Ignoranz gegenüber dem Musical eine „Erbkrankheit“ der Kölner Intendanten ist, die seit Jahrzehnten das Publikums-Interesse an diesem Genre missachten.
Um so erfreulicher, dass die Junge Kammeroper Köln ihre 5. Spielzeit mit „My fair Lady“ jenem Musical um den Sprachforscher Professor Higgins, der das Blumenmädchen Elisa zur Lady macht - eingeläutet hat. Auch nicht gerade innovativ denkt man im ersten Augenblick. Doch die künstlerische Herausforderung bestand darin, dass für den Broadway konzipierte Stück den personellen und (Bühnen-)technischen Möglichkeiten der Kammeroper anzupassen. Und das haben die musikalische Leiterin Inga Hilsberg, Regisseur Lajos Wenzel und Choreographin Robina Steyer mit Bravour gelöst. Inga Hilsberg - die nur bei der durch die deutschsprachigen Länder tingelnden Tournee-Variante auf die Kölner Symphoniker zurückgreifen kann – übernimmt gemeinsam mit Daniel Kirchmann die musikalische Begleitung am Flügel, um so den „Ohrwürmern“ von Frederick Loewe (Musik) und Alan J. Lerner (Text) die nötige Dynamik zu verleihen. Das perfekte Zusammenspiel ihrer vier Hände findet sein kongeniales Pendant beim Ensemble, das den Widrigkeiten der schmalen Bühne seine Spielfreude entgegensetzt. Geschickt hat Robina Steyer ihre Choreographien vertikal ausgerichtet, was die achtköpfige Ballettruppe zu schmissigen Tänzen nutzt. Vor allem im Gefolge von Elisas Vater, den Robert Neal Foster mit viel humoriger Schlitzäugigkeit ausstattet, obwohl er für die Rolle eigentlich zu jung ist. Das aber ist wohl dem Konzept der „Kammeroper“ – Talenten eine Chance zu geben – geschuldet. Genau auf den Punkt besetzt ist Maria Graef in einer Doppelrolle als Higgins Mutter und Kneipenwirtin: wunderbar komisch. Sean Breen als Elisas Verehrer ist dagegen ein wenig unterbeschäftigt und darf nur mit dem Hit „in der Straße, mein Schatz, wo du wohnst“ glänzen.
Bemerkenswert, wie Regisseur Lajos Wenzel die Enge des Raumes nutzt, um den Kammerspiel-Ton der Shaw´schen „Pygmalion“-Vorlage herauszuarbeiten. So sind die Szenen zwischen den Sprachforschern Prof. Higgins und Oberst Pickering, die dem Blumenmädchen Elisa Doolittle „Hochdeutsch“ beibringen, dann auch die Glanzstücke seiner Inszenierung. Wolf H. Latzel setzt dabei der von der üblichen Higgins-Interpretation gewohnten Sprechgesang seinen wohltuend, sanften Bariton entgegen. Bernhard Dübe hat die von ihm schon über 750mal gespielte Pickering-Rolle geradezu verinnerlicht, ohne sie zur Routine verkommen zu lassen. Und Maria Mucha weiß als Elisa ihren Sopran so angenehm zurückzunehmen, dass er genau den Musical-Ton der Songs trifft. Da möchte man doch gerne jener von Elisa Besungene sein: „an den ich mich sanft aber dauern lehn - wäre det nich wundascheen.....“
Junge Kammeroper Köln-Rodenkirchen I 25/28/29.9, 1/2/4/7/8/9/16.10.
Infos: 0221 24 36 12
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