In schweren Zeiten wirkt Fußball belebend bis beruhigend. Nie gab es in den Ligen dieser Welt eine buntere Mischung an Gladiatoren, die nicht nur das alte Rezept von „Panis et circenses“ (übersetzt: „Brot und Zirkusspielen“) erfüllen, sondern über alle Klassen hinweg die Massen solidarisch stimmt – und in manchem Sommermärchen sogar den nörgelnden Deutschen begeistern kann. Ein Zitat aus Friedrich Schillers Abhandlung „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ klingelt auch heute in den Ohren: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Dieses hehre Wort bemühte in München der Literat Albert Ostermaier, um sein „Stadion der Träume“ zu eröffnen, das elfte Stadion der diesjährigen Europameisterschaft der Männer (offiziell: UEFA Euro 2024), aufgebaut auf dem Gelände des ehemaligen Gasteig, dem einstigen Klassiktempel oberhalb der Isar. Ein voller Programmkalender bearbeitet Fragen nach der „Zukunft des Fußballs“ (mit zahlreichen Fachkräften wie Uli Hoeneß) sowie „Fußball und Antisemitismus“, das Theaterstück „Andi Brehme“ erlebt seine Uraufführung (mit Veronica Ferres und Rufus Beck) – Fußball und Kultur im Doppelpass.
Diesem Sonderposten hat der Pott natürlich wenig entgegenzusetzen. Aber ein musikalischer Beitrag mit dem Bundesjazzorchester, der U24-Nationalmannschaft des Jazz, eröffnet in Dortmund die Fußball-Europameisterschaft und verspricht den Fans „90 Minuten Spielfreude, Energie, Teamgeist, Eleganz, Improvisation und genaues Spiel“ – all das, was wir den Künstlern auf dem grünen Rasen für die EM wünschen. Auf dem Parkett des Konzerthauses können die Stars von morgen punkten, mit ihrem bewährten und mehrfach prämierten Trainer Ansgar Striepens und mit einem eher selten akzentuierten BuJazzO-Vokalensemble. Als großen Lehrmeister und Star von heute haben sich die jungen Talente den Sänger Tom Gaebel eingeladen, einen Jungen aus den eigenen Reihen, dessen Orchesterzeit allerdings schon gut zwei Jahrzehnte zurückliegt. Als „Dr. Swing“ oder „Der deutsche Sinatra“ (in Erbfolge nach Harald Juhnke) wurde er in der Presse gefeiert, aber längst hat er seinen eigenen Stil kreiert. Einige von Gaebels eigenen Songs, neu arrangierte Fußballhymnen und Stücke für Big Band präsentiert die Mannschaft während der EM auch in einigen Fan-Zonen – am 2. Juli auch in Köln.
Bundesjazzorchester mit Tom Gaebel | Konzerthaus Dortmund | 14.6. 19 Uhr | Köln Heumarkt (Fan-Zone) | 2.7.
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