In diesem Jahr findet das Dortmunder Festival Klangvokal zum 16. Mal statt. Das Programm ist in mehrere Stränge unterteilt, die Musik von Klassik bis Jazz und Weltmusik zusammenfassen. Ein Gespräch mit Direktor Torsten Mosgraber.
trailer: Herr Mosgraber, welche Opern sind dieses Jahr zu hören?
Das Festival will deutliche Akzente in der Kulturlandschaft des Ruhrgebiets setzen. Wir haben seit der Gründung 2009 einige auch unbekannte Belcanto-Opern aufgeführt. In diesem Jahr nimmt eine Operngala diesen Bezug auf. Am 30. Mai singen der südafrikanische Opernstar Pretty Yende und die junge Aigul Akhmetshina im Konzerthaus Werke u.a. von Georges Bizet, Vincenzo Bellini und Giuseppe Verdi. Akhmetsina macht zurzeit Furore mit „Carmen“ an der Covent Garden Opera London und demnächst auch beim Festival in Glyndebourne. Die Neue Philharmonie Westfalen leitet mit Lorenzo Passerini ein junger, höchst begabter Dirigent. Den anderen Strang, den wir im Festival aufnehmen, ist die französische Oper mit Jules Massenets „Werther“ anlässlich des 250. Jahrestags des Erscheinens von Goethes Briefroman. Wir haben am 9. Juni eine Spitzenbesetzung mit dem Tenor Matthew Polenzani von der New Yorker Metropolitan Opera, der den Werther u.a. an der Wiener Staatsoper mit großem Erfolg gesungen hat. Als Debütantin ist Annalisa Stroppa als Charlotte dabei. Der Dirigent Giacomo Sagripanti hat in den letzten Jahren die großen Neuproduktionen von „Werther“ an der Wiener Staatsoper und der Opéra de Paris geleitet.
Das Festival beschränkt sich nicht auf Oper, sondern will das gesamte Spektrum der Vokalmusik abbilden.
Ein wesentlicher Aspekt ist immer das Auftreten internationaler Chöre. Das Eröffnungskonzert am 24. Mai in der Reinoldikirche präsentiert den Lettischen Rundfunkchor mit Werken Arvo Pärts und Anton Bruckners aus Anlass seines 200. Geburtstags. Erstmals musiziert der Chor gemeinsam mit der Kammerakademie Potsdam. Wir verstehen das 2016 uraufgeführte Werk des lettischen Komponisten Peteris Vasks „Da pacem, Domine“ in unserem Programm durchaus als politische Botschaft, als Friedensappell in dieser Zeit. Spannend wird auch wieder unser Chorfest am 8. Juni mit rund 150 Chören aus Dortmund und der Region, die auf neun verschiedenen Bühnen in der Stadt singen. Dabei kommt in der Reinoldikirche die c-Moll-Messe Mozarts zur Aufführung; es erklingt aber auch eine Jazz-Messe und Popgesang. Kurz, die gesamte Palette der Chormusik. Dazu ist es auch immer wieder für das Publikum möglich, aktiv mitzusingen.
Stichwort Pop und Jazz: Auch diese Genres bilden bei Ihnen einen Schwerpunkt.
In diesem Jahr gibt es eine – bereits ausverkaufte – große Gala mit Sinfonieorchester am 16. Juni mit dem Sound der Achtziger Jahre, eigens neu arrangiert für das Festival. Im Bereich der „Global Music“ bieten wir eine innovative Mischung aus portugiesischem Fado und modernen Musikelementen mit der Newcomerin Lina am 31. Mai im Jazzclub Domicil. Sehr spannend wird ein Konzert am 2. Juni mit Musik aus dem Spanien um 1492 mit seiner reichen, gleichermaßen jüdisch, christlich und muslimisch beeinflussten Kultur. Das Ensemble Orpheus XXI NRW erarbeitet für uns dieses völlig neue Programm.
Was hat sich seit der Gründung des Festivals 2009 verändert?
Die Offenheit für innovative und außergewöhnliche Klänge hat sich stark erweitert. Als wir damals mit Musik aus anderen Kulturen anfingen, hat das Publikum noch zögerlich reagiert. Heute stellen wir eine größere Neugierde fest. Auch das Publikum hat sich verändert. Das traditionsbewusste Publikum ist heute nicht mehr so präsent. Dafür bilden sich neue, junge und offene Kreise unter den Besuchern. Das andere ist, dass es nicht mehr genügt, Musik erklingen zu lassen. Man muss Präsentationsformen finden, um Musik den Menschen nahezubringen. So haben wir zum Beispiel eine Videoinszenierung von Henry Purcells „The Fairy Queen“ am 7. Juni im Programm. Das belgische Spitzenensemble „Vox Luminis“ interagiert dabei mit einem Video-DJ und zeigt, wie sich auf diese Weise eine Barockoper in unsere Zeit übertragen lässt.
Was bedeutet das für eine Weiterentwicklung des Festivals?
Wir werden junge, innovative Formen entwickeln, das Programm noch weiter auffächern, was die Musikstile betrifft, und uns bemühen, jüngere Menschen ins Festivalprogramm einzubeziehen – als Zuschauer und auch als Akteure. Ich bin auch überzeugt, dass wir mit unterschiedlichen Veranstaltungsformaten und attraktiven Kommunikationsformen neues Publikum ansprechen und sogar verloren gegangenes Publikum wieder zurückholen können. Wir müssen auch daran arbeiten, das erstarrte Konzertritual aufzubrechen und Konzerte erfrischend zu gestalten.
Festival Klangvokal Dortmund | 24.5. bis 16.6. | div. Orte in Dortmund | 0231 502 99 96
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