Zweimal geht es um Außenseiter: In Alexander von Zemlinskys Oper „Der Zwerg“ beschenkt ein orientalischer Herrscher eine spanische Prinzessin zu ihrem Geburtstag mit einem kleinwüchsigen Mann. Er ist ein hässliches Geschöpf, weiß aber nichts davon. Der Hof und die Infantin machen sich einen Spaß daraus, alle Spiegel zu verhängen und den Zwerg im Glauben zu lassen, er sei ein Ritter. Auch seine Liebe zur Prinzessin wird als gekonntes Spiel eines kleinen Narren betrachtet, denn diese ahnt nicht, dass der Zwerg nichts von seinem ungestalten Äußeren weiß. Als der Zufall einen Spiegel enthüllt und er seine wahre Gestalt erkennt, nimmt das Unglück seinen Lauf …
Vor 100 Jahren wurde Zemlinskys Oper nach einem Märchen von Oscar Wilde im alten Opernhaus in Köln zum ersten Mal gegeben. Jetzt erinnert die Oper Köln an diese Uraufführung und verbindet das Werk, wie schon 1922, mit Igor Strawinskys Ballett „Petruschka“. Auch darin geht es um ein verkanntes und gedemütigtes Wesen: Ein Schaubudenbesitzer kann mit seinem Flötenspiel Puppen zum Leben erwecken. Zwischen ihnen entwickelt sich eine Liebes- und Eifersuchtsaffäre. Der misshandelte Petruschka erhofft sich von einer Ballerina vergeblich Trost und Liebe und wird schließlich von seinem Rivalen in Stücke geschlagen.
In beiden Werken charakterisiert die Musik die Hauptpersonen in faszinierender Opulenz. Zemlinskys großes Orchester mit einer vielfältigen Perkussionsgruppe, schenkt dem Zwerg ein schillerndes Spektrum an Farben, während es den spanischen Hof mit eleganter, manchmal ironischer Kühle zeichnet. Strawinsky stellt in seiner Komposition von 1911, die als erstes Charakterballett gilt, zwei Akkorde in scharfem Kontrast einander gegenüber, aus denen er sein Material gewinnt, aber verarbeitet auch russische Folklore für das Jahrmarktstreiben des vierten Bilds.
Die musikalische Leitung des Doppelabends hat Lawrence Renes, früher GMD in Bremen und Musikalischer Direktor der Königlichen Schwedischen Oper Stockholm. Für die Oper hat Intendant Hein Mulders Paul-Georg Dittrich gewonnen, der im September erst einen provokanten „Tannhäuser“ in Essen inszeniert hat. Die Choreografie von „Petruschka“ ist Richard Siegal anvertraut. Der Leiter des in Köln ansässigen „Ballet of Difference“ war u.a. Artist in Residence bei der Ruhrtriennale.
Der Zwerg / Petruschka | 19., 23., 27., 30.11., 4., 6., 8., 10.12. | Oper Köln | 0221 22 12 84 00
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