Es war so ziemlich der erfolgreichste Start in eine Ausstellung im Gasometer Oberhausen: 2009 ist das Jahr der Astronomie, und das Ereignis dazu gibt es mitten im Ruhrgebiet zu sehen. Im Gasometer, der schon für sich gigantisch ist, leuchten die Sterne in multimedialen Inszenierungen, auf Fotografien und mit historischen Beobachtungsgeräten und moderner Weltraumtechnik. Highlight ist gewiss die Nachbildung des Mondes mit einem Durchmesser von 25 m, schwebend im Turm und auf der Grundlage von Satellitenfotos. Alles ist Event und zum Greifen nahe, gewiss mit Liebe zum Detail, wissenschaftlich präzise und mit dem Ziel, Information und Staunen miteinander zu verbinden. Aber ob da nicht ein Hauch von Disneyland mitschwingt?
Einen anderen, mehr kulturellen Zugang zum Jahr der Astronomie vermittelt derzeit das Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Es konzentriert sich nur auf ein Phänomen, auf den Mond. Eine echte Pioniertat, denn in dieser Fülle ist dem Mond, dem Blick auf ihn und der Rückwirkung auf Wissenschaft und Kunst, überhaupt seinen Bedeutungsebenen im Wandel der Jahrhunderte, noch keine Ausstellung gewidmet worden. Gegliedert ist die Schau nach der Erfindung des Teleskops im 17. Jahrhundert, dem Aufkommen der Fotografie Mitte des 19. Jahrhunderts sowie dem Beginn der Raumfahrt im 20. Jahrhundert, die unsere Wahrnehmung vom Himmelszelt und Mond geprägt haben. Neben Dokumenten etwa von Galileo Galilei und naturwissenschaftlichen Geräten finden sich herausragende Beispiele der Bildenden Kunst, beginnend mit mittelalterlichen Tafelbildern und mit dem ersten impressionistischen Nachtbild als einem Höhepunkt: Manets „Mondschein über dem Hafen von Boulogne“. Einen Zwischenbereich nehmen die Weltraumfotografien ein – und aus all dem scheint sich nun, andernorts, eine „reine“ Kunstausstellung zu speisen: die von Jorge Pardo, im K21 in Düsseldorf. Macht es nicht Sinn, seine dortige Werkschau auch als Referenz an die Astronomie zu betrachten? Tatsächlich kennzeichnet das Werk des 1963 in Havanna geborenen, heute in Los Angeles lebenden Künstlers der Umgang mit Licht, dem Funkeln von Lampen zwischen luxuriösem Design und Retrocharakter. Pardo gestaltet Räume – unter anderem in Düsseldorf die Bar am Kaiserteich im K21, in purer ornamentaler Schönheit. Im K21 selbst wird Pardo als Experimentator an den Grenzen der abstrakten Malerei vorgestellt, der in die Gesellschaft hinein arbeitet. Aber es fügt sich auch glücklich, dass just innerhalb der Museumssammlung nicht nur die Fotoarbeiten mit Sternenhimmel von Thomas Ruff, sondern auch die Fotoarbeit „Kamiokande“ von Andreas Gursky, als Neuerwerbung des Landes NRW, ausgestellt ist: mit Reihen aus goldglänzenden Kugeln in einem riesigen dunklen Zylinder.
Sternstunden – Wunder des Sonnensystems, bis 10. Januar 2010 im Gasometer Oberhausen, www.gasometer.de
Der Mond, bis 16. August im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud Köln, www.museenkoeln.de/wallraf
Jorge Pardo, bis 2. August im K21 Düsseldorf, www.kunstsammlung.de
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