Meist gehören die Ausstellungen alter Kunst zu den herausragenden kulturellen Ereignissen. Auf zwei Malerei-Schauen in NRW trifft dies jedenfalls zu. Sowohl El Greco im Museum Kunstpalast in Düsseldorf als auch Cornelis Bega im Suermondt-Ludwig-Museum in Aachen waren, jeweils über Jahre vorbereitet, lang gehegte Wünsche weit über Kunsthistoriker-Kreise hinaus. El Greco, der als Domenikos Theotokopoulos 1551 auf Kreta geboren wurde und in seiner Wahlheimat Toledo 1614 starb, steht für spektakuläre Lichtinszenierungen mit einer Theatralik des Religiösen sowie für grandiose Portraits von Kirchenfürsten. Zu den Meisterwerken, die nun als Fest für El Greco in Düsseldorf zu sehen sind, gehören das „Letzte Abendmahl“, die „Maria Immaculata“ und auch sein ultimatives Hauptwerk, der „Laokoon“. Was ist das Besondere an diesem Manieristen, der zu Lebzeiten gar nicht mal so erfolgreich war und als Auftragsmaler einzelne Themen und Motive sozusagen in Serie wiederholt hat? Einzigartig ist seine Malerei, mit der er die Körper mit einer Haut wie aus Gummi längt und die Stofflichkeit von purpurnem Samt suggeriert. Das Licht bricht durch wolkiges Dunkel, gekoppelt an Pathosgesten vor einer Landschaft oder einer kleinteiligen Stadtansicht. El Greco fügt unterschiedliche Zeit- und Handlungsebenen zusammen, ist eklektizistisch und darin originell und wirkt mit seiner Kunst aufrüttelnd. In Düsseldorf werden diese Qualitäten noch herausgearbeitet, indem El Greco etlichen Künstlern der Moderne gegenübergestellt ist, die auf seine Expressivität und seine Motivik Bezug nehmen und von ihm teils unmittelbar inspiriert wurden.
Eigentlich könnte der zweite Alte Meister nicht unterschiedlicher sein. Wo allein die Nennung von El Greco begeisterte Zustimmung auslöst, herrscht bei Cornelis Bega ratloses Schulterzucken. Er ist nun also eine echte Entdeckung. Und inhaltlich: Während beim manieristischen Südländer El Greco alle Innerlichkeit extrovertiert, in gleißendem Licht und noch symbolisch ausgerufen wird, beschränkt sich der spätbarocke Nordländer Begas auf still-nüchterne realistische Schilderungen mit großen Schattenanteilen. Er zeigt Genreszenen mit Bauern, Paaren und Musikanten in nahezu leeren Räumen und mit einer verhaltenen Rhetorik. Aber genau damit gelingt es Bega, zu psychologisieren und gesellschaftliche Aussagen zu treffen.
Cornelis Bega (1631-1664) war wie sein Zeitgenosse Jan Steen Schüler von Adriaen van Ostade. An seiner Wirkungsstätte Haarlem war er zu Lebzeiten nur Wenigen bekannt, vielleicht weil er mit seinen Gemälden, Zeichnungen und Radierungen die menschliche Bescheidenheit nie aufgegeben hat. Er deutet subtil Affekte, soziale Armut und körperliche Erschöpfung an. Die Kargheit des Interieurs korreliert mit der Palette aus Grau- und Brauntönen, und dann passiert etwas Wundervolles: Plötzlich entdeckt man malerische Nuancen, Feinheiten der tonalen Abstufung und sieht nun auch, wie feinnervig und aufmerksam die Gesichter festgehalten sind und sich aus der kleinen Geste Bedeutung und Beispielhaftigkeit entfalten. Also, so wie El Greco das Himmelreich zelebriert, so sind die Bilder von Cornelis Bega ganz von dieser Welt.
„El Greco und die Moderne“ I bis 12. August I Museum Kunstpalast, Düsseldorf I www.smkp.de
„Cornelis Bega – Eleganz und raue Sitten“ I bis 10.6.I Suermondt-Ludwig-Museum Aachen I www.suermondt-ludwig-museum.de
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