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Handfeste Sammlerstücke statt Datenmengen, Vinyl-Platten im Bochumer „Discover“,
Christian Werthschulte

Das schwarze Gold des Ruhrgebiets

31. März 2011

Vinyl ist wieder da – als Rettungsanker für Plattenläden - Pop in NRW 04/11

Ich habe eine Schwäche für Tonträger. Nur wenige Dinge lassen mich derart grinsen wie ein Subbass, der auf Vinyl mit aufwändigem Coverdesign daherkommt. Das ist nichts Besonderes, so dachte ich zumindest immer. Aber meine Liebe zu gut verpackten Tönen scheint seltener zu werden.

“Junge Leute interessieren sich zwar noch für Platten”, erzählt Klaus-Peter (“KP”) von „Discover“. „Aber heute sind sie damit noch stärker Außenseiter als früher.” Seit 26 Jahren steht KP in der Bochumer Innenstadt hinter der Ladentheke. Über ihm hängen Fotos der BBC-Legende John Peel und von 1Live-DJ Klaus Fiehe. Sie passen gut zu seinem Laden. „Discover“ ist im Indieethos der 1980er verwurzelt, was zuerst bedeutet, neugierig auf alles Neue zu sein. Und so findet man neben klassischem Gitarrenpop auch Dubstep oder neuen New Yorker House. Nur die Kundschaft ändert sich kaum. “80% sind bestens informierte Stammkunden”, meint KP. “Wir sind ein Laden für Sammler geworden.” Und so konzentriert sich KP darauf, wie ein Maulwurf seltene Platten auszugraben, egal ob sie von obskuren Vertrieben oder aus den Regalen enthusiastischer Sammler stammen.

„Junge Leute, die Musik kaufen, sind noch mehr Außenseiter als früher.“

Auch im Schatten der Bürotürme von Evonik und RWE ist Vinyl der Fetisch der Wahl. Hier liegt „New Lifeshark Records“, das Essener Emporium für „alles außer Hip-Hop, House und Techno”, wie es Besitzerin Angela ausdrückt. Auf knapp 100qm findet man Punk, Metal, Rock und Underground-Musik von den 50ern bis zu den 70ern. Vinyl hat hier Tradition. In der Punk- und Hardcore-Szene haben Bands schon immer lieber eine 7"-Single in Kleinstauflage gepresst als auf einen offiziellen CD-Release zu warten. Viele dieser Singles sind heute begehrte Sammlerstücke und stehen bei „New Lifeshark“ im Second- Hand-Fach. Trotzdem: Punk und Hardcore sind heute nur noch ein Genre unter vielen. „Man muss halt ständig umdenken“, erzählt Angela, „aber wirklich wichtig ist, dass man lebt, was man macht.” Der Lohn dafür ist eine treue Stammkundschaft. „Früher hatten wir keine Kunden, die älter als 22 Jahre waren. Heute kommen sie während ihrer Mittagspause aus den umliegenden Büros.” In Würde altern mit Gitarrenmusik – es scheint zu klappen.

Aber was ist mit Hip-Hop, diesem Genre, das seine Sound Signature dem Scratchen von Vinyl verdankt? „Mit spätestens 28 ist man raus aus der Hip-Hop-Szene”, meint Tim von Mad Flava. Er selbst ist mittlerweile 35, verkauft seit 1999 Platten, zuerst in Kofferraum und Kinderzimmer, dann in Ladenlokalen in Moers und Duisburg. Aber davon leben kann er nicht mehr. „DJs kaufen heute keine Maxis mehr, sondern legen mit dem Notebook auf.” Selbst verdiente Hip-Hop-Plattenläden müssen schließen. „Bei ‘Fat Beats’ in New York bin ich damals mit schlotternden Knien reingegangen”, erzählt Tim. „Heute ist er dicht. Wir haben ihn überlebt.” Gelingen konnte das nur dank einer Konzentration auf LPs und limitierte Auflagen – und einer Ausweitung des Kerngeschäfts in Richtung Mode und Veranstaltungen. Aber würde er auch MP3s verkaufen? „Nein. Das touched mich nicht.” Ich kann’s verstehen.

„Discover“ I Untere Marktstraße 1, 44787 Bochum. I www.discover-music.de
„New Lifeshark“ I Baedeker Str. 15, 45128 Essen. I www.newlifeshark.de
„Mad Flava“ I Friedrich-Wilhelm Str. 23-25, 47051 Duisburg |
www.mad-flava.com

Christian Werthschulte

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