Ein weiter Sprung über zwei Generationen führt die Jazzgemeinde vom Pianostar Joachim Kühn zu Michael Wollny, dem seit Jahren etablierten und von Feuilletons gefeierten Tastenkünstler. Wie bei Kühn, mit dem er künstlerisch und freundschaftlich verbunden ist, changiert der Pianist Wollny im besten Alter eines Anfangsvierzigers zwischen Jazz, Klassik und Pop, experimentierte mit zahllosen Besetzungs-Konstellationen, hippen und exotischen Musikfreaks, Orchestern, Big Bands und Altmeistern. Jetzt präsentiert er sein aktuelles Jazztrio, vielleicht das Amalgam all dieser Erfahrungen.
Über die Improvisationskunst von Joachim Kühn hat Wollny vor gut zwei Jahrzehnten seine Diplomarbeit verfasst. Seit sechs Jahren lehrt er heute selbst an der Hochschule in Leipzig. Ebenfalls vor zwanzig Jahren gründete er sein Trio (em), dessen erstes Album markierte eine bis heute existierende Reihe „Young German Jazz“. Sein damaliger und ewiger Schlagzeuger Eric Schaefer sitzt bis heute an seiner Seite. Fortschritt bedeutet nicht gleichzeitig Abschied.
Wie der junge Wollny begeistert die Lehren seiner Freunde Albert und Emil Mangelsdorff oder Heinz Sauer im HR-Jazzensemble aufsog, wie er seine internationale Laufbahn startete mit den skandinavischen Jazzstars Nils Landgren oder Lars Danielsson, mit weltvernetzten Musikern, dies alles belegte nachdrücklich seine Hochachtung vor der Tradition. Zum Auftakt von „Jazz at Berlin Philharmonic“ traf er bereits auf Iiro Rantala und Leszek Mozdzer – ein Fest der Tasten, ein Trio wie die drei Tenöre.
Aber Wollny spielte auch mit einer israelischen Cembalistin ein Album ein und nutzte als „Artist in Residence“ von Festivals und hochkarätigen Musiktempeln, darunter die Elbphilharmonie, die Alte Oper Frankfurt oder das Konzerthaus in Dortmund, stets jede Chance auf das Ungewöhnliche.
Den Bass bedient auf der aktuellen Tour der amerikanische Musiker Tim Levebvre, der die ganze Jazz-affine Pop-Prominenz wie Bowie, Costello, Sting bis Jamie Cullum glücklich bediente und der erst vor kurzem mit Wollny, dem sehr kauzigen Sopransaxophonisten Émile Parisien und dem angesagten Schlagzeuger Christian Lillinger das kryptisch betitelte Album XXXX eingespielt hat. Hier hat sich Wollny an elektronischen Tasteninstrumenten ausgetobt, der Begriff „retro-futuristisch“ wurde genannt. Für das aktuell tourende Trio gilt klangmäßig eher der Begriff puristisch – ein Zauber großer Reinheit.
Michael Wollny Trio | Di 1.11., Tonhalle Düsseldorf (0211 91 38 75 38) | Do 17.11., Konzerthaus Dortmund (0231 22 69 62 00)
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