Die Flammen auf der Hauswand waren ein schlechtes Omen. Als am 18. August die Feuerwehr zu einem Wohnhausbrand nach Bochum-Langendreer ausrückt, endete eine 30 Jahre dauernde Geschichte von Subkultur im Ruhrgebiet. Das Zwischenfall ist von Löschwasser zerstört. In Wolfgang Welts Romanen, die in den frühen 1980ern in Bochum spielen, heißt der Club noch „Appel". Kurz darauf, im Jahr 1984 haben sich Klaus Märkert und Norbert Schmidt daran gemacht, eine Heimat für die damals boomende Wave- und Gothic-Szene zu finden. Zusammen mit dem Logo war das Zwischenfall dafür verantwortlich, dass in den späten 1980ern und frühen 1990ern Bochum die Hochburg der Gothicszene wurde. Für ein Wochenende im Lurie und Zwischenfall kamen die Gäste aus dem Sauerland, aus Köln oder aus den Niederlanden. Sie wollten sich zu Hause fühlen – ohne abschätzige Blicke, ohne dumme Sprüche.
„Am Zwischenfall hat mir die Wohnzimmeratmosphäre immer am besten gefallen", erzählt Markus Schmidt, der seit anderthalb Jahren das Zwischenfall zusammen mit Norbert Kurtz betreibt und vorher über 20 Jahre lang Stammgast gewesen ist. Bis zuletzt überlebte hier der Geist einer Zeit, in der die mittlerweile abgegriffen klingende Formel von Underground und Mainstream noch Sinn ergab. „Draußen ist feindlich“ sangen die Einstürzenden Neubauten damals. Drinnen im Zwischenfall trafen sich diejenigen, die keine Lust auf die Mischung aus fordistischer Arbeitsdisziplin und kleinbürgerlichem Besäufnis hatten, die das Ruhrgebiet damals ausmachte. „Es war ein Laden für Freaks jeglicher Richtung", meint Markus Schmidt. Bevor sich die Gothic-Szene in ihre aktuellen Subszenen aufspaltete, trafen sich im Zwischenfall Punks, Hardcore-Fans mit X auf dem Handrücken, kajalverzierte Goths, kurzrasierte
EBM-Fans, Psychobillys, seitengescheitelte Waver und immer wieder auch mal jemand aus der Nachbarschaft. Und auch wenn man sich musikalisch vielleicht nicht so viel zu sagen hatte, war zumindest klar, dass es „draußen“ schlechter als hier drinnen war. Dort „draußen“ sah man das selbstverständlich ein wenig anders. Mitte der 90er forderte eine Bürgerinitiative die Schließung des Ladens, und zur gleichen Zeit kursierten Gerüchte über Sargtransporte und tote Katzen, die man angeblich an der Kasse vorzuzeigen hätte. Aber das Zwischenfall hat überlebt. Jetzt ist es der Papierkrieg, der die weitere Existenz erschwert. Versicherungen lassen sich Zeit, die Suche nach einem Laden mit Konzession für Diskobetrieb im Stadtgebiet, wie es sich die Betreiber gerne wünschen, gestaltet sich schwierig. „Schon die Schalldämmung würde gut 15.000 Euro kosten“, erzählt Markus Schmidt. Die Solidarität aus der ‚Szene‘ ist jedoch ungebrochen. Befreundete Handwerker und Architekten haben Hilfe angeboten, andere Gothic-Clubs sammeln für den Wiederaufbau.
Im benachbarten Bahnhof Langendreer findet das Zwischenfall-Team einmal monatlich ein Zuhause. „Es ist herzergreifend zu sehen, wie fremde Leute, die nur ein-, zweimal im Fall waren, in Tränen ausbrechen“, erzählt Markus Schmidt. „Das ist ernst, aber es macht Hoffnung.“
Neuigkeiten über das Zwischenfall: www.facebook.com/Zwischenfall.Bochum
„Zwischenfall.2 - Party im Exil“: jeden dritten Freitag im Monat im Bahnhof
Langendreer, Bochum I www.bahnhof-langendreer.com
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