Joseph Beuys, geboren 1921 in Krefeld, aufgewachsen in Kleve, gestorben 1986 in seinem Atelier in Düsseldorf, ist derzeit in aller Munde. Natürlich, mit seinen Arbeiten in den Museumssammlungen und als legendärer Protagonist der Avantgarde war er stets präsent. Schließlich gibt es kaum einen Künstler, der so in die Gesellschaft hineinstrahlt. Beuys führte Aktionen in der Öffentlichkeit durch, stellte sich dieser in Interviews und ging beharrlich seinen Entwürfen zwischen Mythologie, Alchemie und Anthroposophie nach, verwoben mit seiner Biographie. Leben und Kunst waren für ihn nicht zu trennen. Dies förderte noch die Wahrnehmung über Attribute, sein Auftreten mit Hut und Pelzmantel und seine Verwendung „billiger“ Materialien wie Filz und Fett.
Joseph Beuys war Zeichner und Bildhauer, der nach dem Krieg an der Düsseldorfer Kunstakademie studiert hat und später im Umkreis der Fluxus-Gruppe tätig war. Selbst wurde er als Professor an die dortige Kunstakademie berufen und später vom Land NRW wieder entlassen. Beuys war politisch, er gründete die Deutsche Studentenpartei und war Gründungsmitglied der Partei Die Grünen. Ebenso spektakulär waren seine künstlerischen Beiträge zur documenta in Kassel, etwa 1977 die „Honigpumpe am Arbeitsplatz“ und 1982 die Aktion „Stadt-Verwaldung anstelle von Stadt-Verwaltung. 7000 Eichen“. Kurzum, Joseph Beuys, der im internationalen Kunstbetrieb schon zu Lebzeiten hoch gehandelt wurde, war eine schillernde Persönlichkeit. – Wie aber funktionieren Ausstellungen ohne ihn selbst? Derzeit finden in Nordrhein-Westfalen gleich drei Schauen statt, die sich von verschiedenen Seiten seinem Werk nähern. Herausragend ist die Ausstellung in Bedburg-Hau. Die Stiftung Museum Schloss Moyland beherbergt die Sammlung der Brüder van der Grinten, die Beuys 1953 seine erste Einzelschau ausgerichtet haben. Ausgestellt sind nun die Zeichnungen aus dem Frühwerk. Man sieht schnell, dass Beuys ein hervorragender Zeichner war, der in diesem Medium seine Entwürfe plausibel dargelegt hat, die er als „Energieplan“ zusammengefasst hat. Gegliedert in zehn Räume werden seine Überlegungen dazu strukturiert und anschaulich. Zumal mit den dortigen Erkenntnissen ist das, was die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf jetzt vor allem an plastischen Arbeiten und Installationen zusammengetragen hat, ergiebig und hochinteressant. Freilich vermisst man in den Ausstellungsräumen am Grabbeplatz die Seele von Beuys, sein Vermögen der situativen Verdichtung. Erfrischend ist da doch der etwas andere Blick im Münsteraner LWL-Landesmuseum, welches jüngere Künstler vorstellt, deren Ansätze und Verfahren den Konzepten von Beuys verwandt sind. In der Künstlerauswahl nicht immer zwingend ist diese Ausstellung eine kongeniale Ergänzung zu den anderen Schauen. Und sie zeigt, dass Beuys selbst als Klassiker nach wie vor aktuell ist: als einer der wichtigsten Künstler und Gedanken-Anreger nach 1945, dessen Werke man gesehen haben muss.
Beuys: Energieplan – Zeichnungen aus dem Museum Schloss Moyland I
www.moyland.de
Joseph Beuys: Parallelprozesse I www.kunstsammlung.de
Neue Alchemie I www.lwl-landesmuseum-muenster.de
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