Zwei Pilze mit historischem Symbolwert. Die Atombombendetonationen in Nagasaki und Hirsoshima. Direkt nebeneinander werden die riesigen Rauchwolken gesetzt und trotz der schrecklichen Szenarien und Folgen, die man mit ihnen verbindet, drängen sie sich zunächst in diesem Split-Screen als Bilder des Vergleichs auf. Das ganze bekommt eine zynische Note, wenn man den Untertitel liest: „Mushroom Clouds“ heißt dieser, worauf folgt: „Nordkoreanische Handstrickerei auf Seide“.
Für diesen handwerklichen Appell an den Wahnsinn des Nachbarstaates steht die südkoreanische Künstlerin und Kuratorin Kyugah Ham. Sie ist eine von sieben KünstlerInnen Südkoreas, die an „Transfer Korea“, dem 9. Austauschprogramm des Kultursekretariats NRW, teilnimmt. Ihnen stehen sieben deutsche KünstlerInnen gegenüber. Seit Mitte August sind die koreanischen KünstlerInnen in NRW unterwegs und lernen die Region sowie die Kunstszene kennen, ab Oktober schauen sieben ausgewählte deutsche Fachkollegen in die Metropolen des asiatischen Landes. Im Oktober 2013 endet die Residenzzeit. Dann werden die Werke der Südkoreaner für das deutsche Publikum zu sehen sein.
Aber warum gerade Süd-Korea? Dr. Christian Esch vom Kultursekretariat NRW verweist auf eine „lange Pipeline zwischen Korea und Deutschland“. Was in den 1950er Jahren mit angeworbenen „Krankenschwestern und Bergarbeitern“ in wirtschaftlichen Beziehungen begann, wurde auf künstlerischer Seite spätestens mit dem ungeheuren Einfluss von Nam June Paik fortgesetzt, so Esch. Seitdem hätte es einige KünstlerInnen aus dem westlich geprägten Staat gegeben, die in den bekannten Kunstakademien Düsseldorf oder Münster ihr Studium absolvierten.
Heute sind die koreanischen KünstlerInnen zugleich auch internationale Agenten auf dem Kunstmarkt. Sie „sind extrem vernetzt in der Welt, sie schauen nicht nur aus Korea auf die Welt, sondern auch aus der Welt auf Korea“ fasst Esch den globalen Input zusammen. Für den Direktor des Kultursekretariats liegt darin aber nicht nur ein künstlerischer Vorteil. Es wäre höchste Zeit, dass man in Europa auch „mal mit einem fremden Auge“ auf das schaue, „was im eigenen Land passiert“. Daher sei der Transfer zwischen den Ländern zugleich ein Weg, um das eigene „Denken zu relativieren“, so Esch.
Mit ironischem Blick relativiert auch Kira Kim die Fast-Food-Ernährungsindustrie in seinem Land. In seinem Bild „Contemporary still-life with Selly-Belly-Candies“ fallen die Pommes einer amerikanischen Fast-Food-Kette fast aus dem Rahmen, im Zentrum thront als kunsthistorisches Icon Andy Warhols „Campbells“ Suppendose, daneben lächelt ein Farmer aus Kentucky den Betrachter von einem Pappeimer aus an. Museale Fast-Food-Marken für den Kunst-Konsumenten. Guten Appetit.
Es sei notwendig, so Esch weiter, dass die westliche Welt lerne, zu zuhören und sich Sachen erklären zu lassen, nicht „immer nur zu reden“. Für den Anfang der Transfer-Reihe wird aber diskutiert, und zwar an drei Abenden in drei Städten. Den Anfang macht eine Diskussion mit dem Titel „Über die Globalisierung der Kunstkritik und ihre Folgen“ im Kunstmuseum Bonn. Aber auch hier steht schon die Frage auf dem Programm, ob die europäisch-westliche Betrachtungsweise einen globalen Anspruch haben darf.
"Transfer Korea" - Diskussionsrunden I Di 11.9. Kunstmuseum Bonn I Mi 12.9. Kunsthalle Düsseldorf I Di 18.9. Kunstmuseum Hagen I je 19 Uhr
Ausstellungen ab Oktober 2013 im Kunstmuseum Bonn, Kunsthalle Düsseldorf und dem Kunstmuseum Hagen
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