Es klingt wie eine digitale Utopie. Man stelle sich vor, es gäbe Internet für alle, es wäre immer und überall verfügbar, ohne zentrale Zugangskontrolle und dabei auch noch weitgehend kostenfrei. Genau das ist die Idee hinter dem Freifunk-Netzwerk, einem Zusammenschluss von Netzaktivisten mit Spaß am Basteln und politischen Überzeugungen. „Unsere Idee war, etwas für die Allgemeinheit zu tun. Jeder nutzt das Internet“, erzählt Alexander vom Bochumer Hackerspace „Das Labor“. Die Aktivisten setzten beim Aufbau ihres Netzes auf handelsübliche Technik. Man nimmt eine Reihe von handelsüblichen Routern, wie man sie z. B. für das WLAN-Netz in der eigenen Wohnung oder WG benutzt. Auf diese spielt man eine spezielle Software, die von den Freifunkern entwickelt wurde und die diese Geräte miteinander vernetzt. Somit vergrößert sich das Netz mit jedem weiteren Router und deckt schließlich einen Teil des Stadtgebiets ab – zum Beispiel die Universitätsstraße, die vom Hauptbahnhof an die Ruhr-Uni führt. Selbst vom Stromnetz kann man dank eines 9V-Akkus unabhängig sein.
Wie so häufig ist die kritische Masse auch beim Freifunk das Problem
Was sich technisch relativ leicht umsetzen lässt, scheiterte jedoch an anderen Hürden. „Wir haben 2005 und 2007 versucht, in Bochum ein Freifunk-Netz aufzubauen, aber es haben sich einfach nicht genügend Leute gefunden.“ Die kritische Masse scheint im Ruhrgebiet weiterhin ein Problem zu sein. Auch das Mülheimer Freifunk-Projekt liegt gerade wegen Personalmangels auf Eis. Aber der Weg zum Internet für alle hält noch andere Hindernisse bereit. Die Person, die ihren Internetanschluss zur Mitbenutzung freigibt, wird nach gültiger Rechtslage dafür verantwortlich, falls jemand anderes mit ihrem Zugang etwas Illegales tut. Kein Wunder, dass Alexander die Freifunk-Idee im gleichen Atemzug mit anderen netzpolitischen Themen erwähnt: „Netzneutralität ist ein Thema, das mit der Freifunk-Idee zusammenhängt.“ Nach dem Willen einiger Internet-Provider sollen bestimmte Inhalte schneller durch das Netz transportiert werden können, was im Moment wegen des Grundsatzes der Netzneutralität noch verhindert wird. Und auch die Deep Packet Inspection, ein konstantes Überwachen des Internetverkehrs, lehnt er ab. „Das ist ein massiver Eingriff in die Privatsphäre.“
Aber Freifunk ist nicht die einzige Möglichkeit, mit der die Bochumer Hacker versuchen, gewöhnliche Menschen zu bewegen, Computer und Technik aktiv zu nutzen, und sie so zu ermächtigen, ihre technische Umwelt mitzugestalten. In ihrem Hackerspace „Das Labor“ lässt sich an Schaltungen basteln und Open Source-Software programmieren. Die Mitglieder des Labors liefern dabei Hilfestellung. „Das ist schon ein wenig utopisch“, meint Alexander. „aber es funktioniert.“ Vielleicht finden sich ja irgendwann dort wieder Menschen ein, die ein Freifunknetz realisieren. Damit die Utopie nicht utopisch bleibt.
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