„Abstand ist eine zweideutige Sache. Musiker hassen eigentlich den Abstand. Wenn wir hoffentlich bald wieder enger zusammenrücken können, wird es einfacher. Die Zeit bis heute glich einem Erziehungsexperiment über anderthalb Jahre. Und ich hoffe, es kommt nicht wieder!“ Diesen frommen Wunsch äußerte Cristian Măcelaru mit Blick auf die kommende Spielzeit. Corona hat ihm bei seinem Einstand als Chefdirigent des WDR Sinfonieorchester einen eher bescheidenen Start beschieden. Und er vermittelt nun das Gefühl, alles nachholen zu wollen.
Es ist genau dieser Abstand zwischen den Musikern auf der Bühne, der die kompakte, gerade für den romantischen Klang unverzichtbare Geballtheit eines Orchesters torpedieren kann. Und Măcelaru wählt für die Rückkehr der Freiheit speziell auch auf der Bühne für sich die extrem saftig besetzten Tondichtungen von Richard Strauss: „Till Eulenspiegel“, „Ein Heldenleben“ und „Also sprach Zarathustra“ drücken die Sehnsucht des Maestros aus nach einem Puls, der körperlich am Pult spürbar wird. Als Leckerchen lässt er es bei Strawinskys Skandalstück „Le sacre“ richtig krachen – das WDR SO lässt lautstark Luft ab.
Wer jetzt letztendlich im Publikum sitzt, das weiß auch in der Domstadt so richtig keiner. Das städtische Gürzenich-Orchester setzt in ihren ebenfalls äußerst optimistisch geplanten konzertanten Großprojekten ganz diplomatisch auf Einzelkarten-Verkauf bis zum Jahresende, sie bitten ihre rund 4000 Abonnenten um Geduld. Denn auch die Trias der jeweils aufgelegten Abo-Konzerte kann diese Sitzzahl nicht befrieden.
Im September geht die Kölner Philharmonie in ihre 35. Saison. Intendant Louwrens Langevoort freut sich schon: „Wir feiern nicht wirklich ein großes Fest, sondern kehren zurück zu einem beinahe normalen Programm: mit großen Namen, großen Konzertreihen und hoffentlich wieder mit großem Publikum.“
Gestartet wird mit dem Originalklang-Festival „Felix“ bereits vom 26. bis 29. August. „Wir betonen gleichermaßen die Internationalität von Barockmusik und die lokale Stärke der Stadt, die sich ja auch als „alte Musikstadt“ sieht. Ganz praktisch gibt es eine geballte Ladung Barock, damit die Kölner das auch leben können.“ Am 28. August beschert das Fest einen ganzen Tag Konzerte zum Nulltarif: Bürgernah und extrem freundlich!
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Sinfonische Vollender
Gil Shaham in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 11/24
Weiblicher Beethoven
Emilie Mayers 5. Sinfonie im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 10/24
Ein Himmel voller Orgeln
Zwei Orgelfestivals in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 10/24
Mit virtuoser Blockflötistin
33. Festival Alte Musik Knechtsteden in Dormagen und Köln – Klassik an der Ruhr 09/24
Nach François-Xavier Roth
Der Abgang des Kölner GMDs sorgt für Umbesetzungen – Klassik am Rhein 09/24
Barock und Filmmusik
Open-Air-Konzerte „Viva Italia!“ im Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 08/24
Exotische Musik
„Sounds of Nature“ und „Diálogos de amor“ beim Niederrhein Musikfestival 2024 – Klassik am Rhein 08/24
Akademische Bürgernähe
Michael Ostrzyga dirigiert „Elias“ in Bergheim und Köln – Klassik am Rhein 07/24
Pop-Hit trifft düstere Rarität
Semesterkonzert an der RUB – Klassik an der Ruhr 07/24
Bruckners „verfluchte“ Neunte
„Von Herzen – Letzte Werke“ in Bochum – Klassik an der Ruhr 06/24
Mit Hochdruck bei der Arbeit
Die Orgelfeierstunden im Kölner Dom – Klassik am Rhein 06/24
Träume aus alten Zeiten
Zamus: Early Music Festival 2024 in Köln – Klassik am Rhein 05/24
Aus Alt mach Alt
Tage Alter Musik in Herne 2024 – Klassik an der Ruhr 11/24
Ungewünscht brandaktuell
Auftakt zum Klangvokal Festival Dortmund 2024 – Klassik an der Ruhr 05/24