Wer als Musiker oder Band etwas auf sich hält oder werden möchte, geht in eine der Metropolen Deutschlands, Köln, Hamburg, München oder vorzugsweise Berlin. Dieses ungeschriebene Gesetz gilt seit Jahrzehnten und die Dringlichkeit, einen solchen Schritt zu tun, scheint immer größer geworden zu sein. Die Band KIM? aus Sonthofen im Allgäu wählte einen anderen Weg, ging nach Bochum und fährt mit dieser Entscheidung offenbar sehr gut.
Dass man sich als Band aus Sonthofen entscheiden muss, ist klar. Entweder man verharrt an dem Punkt, bestenfalls eine Provinzikone zu sein, und wendet sich irgendwann notgedrungen ordentlichen Berufen zu, oder man zieht in die Stadt. Aber wenn, dann muss das auch eine richtige Großstadt sein. Oder? KIM? hatten vor vier Jahren schon einige Erfolge als Punkband in Süddeutschland vorzuweisen und standen vor der Wahl: in Schwaben bleiben, nach Berlin oder Köln, oder etwa doch nach Bochum? „Uns fiel die Entscheidung letztendlich sehr leicht“, erzählt Schlagzeuger und Songschreiber Benny von Schaumschlag. „Das Nachtleben war hier am sympathischsten, die Leute haben uns mit offenen Armen empfangen, und wir haben schnell viele Bands kennengelernt. Mittlerweile hat sich eine eiserne Liebe zu Bochum entwickelt.“ Eigentlich scheinen das einleuchtende, allgemeingültige Gründe zu sein, trotzdem ist der Weg Kim?s alles andere als gängig, eher im Gegenteil. Nach wie vor ziehen (Pop-)Künstler eher weg als zu, sie sehen nicht die Möglichkeiten gegeben, ihrer Karriere den nötigen Schub zu verpassen. Benny sieht das anders, und seine Sicht der Dinge scheint sogar ermutigend. „Wir haben das Netzwerk unter den Musikern hier als sehr fruchtbar gelernt, besser als im Rest von Deutschland. Es gibt kaum Konkurrenzdenken, es ist mehr ein Miteinander aller Beteiligten. Man hilft sich aus, gibt sich Tipps. Das ist für die hiesige Musikszene charakteristisch.“
Selbst als ihnen mit dem Exitus von GUN Records, mit denen KIM? ursprünglich verbandelt waren, die vorhandene Struktur ins Business verlustig ging, bereute das Trio seine Entscheidung nicht. Unter anderem wegen der logistischen Qualität der Region, in kurzen Distanzen viele Leute erreichen zu können. Außerdem wichtig: „Der Ruhrpott ist feierwütiger als alle anderen Regionen Deutschlands. Da stehen Leute vor der Bühne, die ausgehen, um mehr als zwei Bier zu trinken und wirklich aus sich rausgehen. Anderswo achten die Leute sehr fixiert auf die Musik, ohne wirklich auszurasten.“ Für eine Punkband, die sich auf die Toten Hosen beruft, sicher kein unwichtiges Argument.
Trotzdem ist das Ruhrgebiet nicht urplötzlich zum Eldorado für die nationale Rockszene geworden. Die Unterstützung vonseiten Stadt und Kommunen lässt zu wünschen übrig, das gibt auch Benny zu. Und auch die Kulturhauptstadtinitiative 2010 betrachtet er nüchtern: „Ich glaube nicht, dass Ruhr.2010 wirklich bei den Bands ankommt. Es geht da um andere Kulturbereiche als die Popmusik-Szene.“ Trotzdem werden KIM? hier bleiben: „Wir haben uns in die Stadt verliebt und hier Wurzeln geschlagen. Außerdem bietet das Ruhrgebiet uns eine Menge Inspiration für unsere Songs.“
www.kim-fragezeichen.de
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