Einsam recken sich zwei Arme aus der stillen See. Heftig fuchteln sie in der Luft und eine delikate Stimme ruft: „Jazz, Swing, Blues, mit Pfiff arrangiert, sie sind nicht tot! Die alten Songs besitzen unsterbliche Reize, sie liefern ja nur das Podest, auf dem wir tanzen, spielen und singen.“ Es muss sich um einen Stausee handeln, liegt er doch im Ruhrgebiet. Wieder die Stimme: „Ich bin Silvia. Und ich lebe in Herne! Und zwar gerne!“
Ihre Eltern waren keine Prediger. Sie hat nicht als Baby im Gospelchor gezwitschert. Sie trägt nicht das Fett auf den Hüften, aus denen sonst Soul-Diven gegossen werden. Sie hat nicht so viele Oktaven Stimmumfang wie ein Klavier. Und sie kann auch keines heben.
Silvia Droste, in Herne geboren, bleibt der swingenden Musik so treu wie ihrer Heimat. Dabei denkt sie international, kann sich auf dem Parkett bestens bewegen, hat mal Englisch studiert, moderierte auf Grund ihrer zahlreichen sprachlich-musischen Talente Ende der 80er den ZDF-Jazzclub, als Namen wie Art Blakey oder Oscar Peterson ein Millionenpublikum aufhorchen ließen – obwohl sie nicht rappen wollten. Solche Giants aus der Neuen Welt präsentierte die deutsche Jazzlady, und mit Soulröhre Joy Fleming schmetterte sie gleich ein Duett. Puristisch darf niemand sein in der Welt der Musik, das können sich nur wenige leisten. Bei ihren damaligen Auftritten „mit Dauerwelle gestylt“ (Droste) lernte sie Peter Herbolzheimer kennen. Der öffnete ihr den Weg zur Befriedung einer weiteren Leidenschaft, dem Bad im fetten Sound einer Big Band – auch dafür steht die Grand Lady des deutschen Big Band Jazz ziemlich alleine.
In kleiner Besetzung arbeitete „die Droste“, ein Markenname, gleich mit drei Bands gleichzeitig: mit dem Giovanni-Mazzarino-Quartet (Italien), der Cees-Slinger-Four (Niederlande) und dem Martin Sasse Trio. Mit letzterem ging sie jetzt ins Studio und nahm eine neue Platte auf – eine, die richtig swingt.
Es handelt sich um ein Konzeptalbum mit dem schläfrigen Titel „From Dusk To Dann“. Die ausgewählten Songs drehen sich um „Blue“, „Night“ und „Moon“, hellwach arrangiert, vom rasant rhythmisch aufgepeppten „No Moon At All“ bis zum „Blue Moon“ im 5/4-Takt, mit unbekannten Vorspielen und sehr bekannten Bluesnummern. Und die Droste ist sich ihrer Sache so sicher wie noch nie. Die Songs sitzen erdig, Improvisationen laufen flockig, die Stimme – besonders in der Tiefe – ist unverwechselbar. Obwohl die Jazzmusikerin ausgiebig scatet, kommen ihre Bandmitglieder nie zu kurz. Martin Sasse, Piano und Mit-Arranger, Henning Gailing als Kontrabassist und Joost van Schaik am Schlagzeug liefern brillante musikalische Kommentare und Farben, zusätzlich pointiert Gastmusiker Berthold Matschat einige Mundharmonika-Einlagen mit bluesig-traurigen Soli.
Alle Register traditioneller Möglichkeiten sind gezogen, um eine abwechslungsreiche kleine Stunde zu referieren. Thema: Wie kann ich eine Herzensangelegenheit kommerziell umsetzen, ohne Hirn und Geschmack zu verkaufen?
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