Die Ausstellung war überfällig. Das Düsseldorfer Museum Kunstpalast stellt in einem umfassenden Überblick die „Düsseldorfer Malerschule“ vor, die ihren Ausgangspunkt im frühen 19. Jahrhundert an der dortigen Kunstakademie hatte, wo Künstler aus aller Welt studierten und anschließend wieder in alle Himmelsrichtungen gingen. Manchmal waren die Bilder sogar in Amerika gefragt: als Programm-Malerei, aber vor allem als Landschafts-Panoramen. Die Ausstellung nun umfasst den Zeitraum von 1819 bis 1918 und bezieht auch Meisterwerke anderer Orte und Schulen ein. Sie verdeutlicht, was das Verbindende ist und wie disparat doch schon die Malerei in Düsseldorf ist und welche Rolle die Kunstakademie mit der Lehrer-Schüler-Beeinflussung spielt. Hier steht Wilhelm von Schadow am Anfang, der Rektor und Maler, dessen monumentales „Jüngstes Gericht“ erstmals zu sehen ist. Natürlich ist dies auch eine Ausstellung zur Stilgeschichte im 19. Jahrhundert, mit der Romantik, die als Volksfrömmigkeit zu den Nazarenern führt, dem Symbolismus der Präraffaeliten und dem Naturalismus hin zur impressionistischen Zergliederung der Bildfläche im Licht. Dominierend sind zunächst das Portrait und die christliche Verehrung, nachgegangen wird in der Ausstellung auch dem Verhältnis von Genremalerei und Historienmalerei im 19. Jahrhundert; etwas später kommt als Thema der Aufbruch in die neue Welt hinzu mit der Darstellung von Überfahrten und Seestücken. Aber wie eine Klammer vom frühen 19. bis ins 20. Jahrhundert hinein wirkt doch die Landschaft, in der die „Düsseldorfer Malerschule“ ihre größten Leistungen vollbracht hat. Die Hauptvertreter sind Andreas und Oswald Achenbach, Carl Friedrich Lessing und Emanuel Leutze, die noch belegen, wie unterschiedlich Landschaft zwischen topographischer Erfassung, mythologischem Resonanzraum und programmatischer Aussage gemeint sein kann. Im Museum Kunstpalast muss man sich in die Menge an Bildern einsehen. Aber alles ist gut sortiert und erklärt – mithin ist dies die ideale Ausstellung für die Weihnachtstage.
Um Landschaft geht es auch im Arp Museum Bahnhof Rolandseck. Da ist die berühmte Sammlung Rau, deren Landschaftsstücke zeitlich der „Düsseldorfer Malerschule“ vorausgehen. Und im Obergeschoss widmet sich die Ausstellung „Belvedere“ der Landschaftsdarstellung in der Gegenwartskunst. Der Untertitel „Warum ist Landschaft schön?“ wird nicht weiter vertieft, aber es ist immer gut, Werke solcher Künstler wie Roy Lichtenstein, Corinne Wasmuht oder Mariele Neudecker zu sehen, zumal man gleichzeitig vom Ausstellungsgebäude des Architekten Richard Meier über die Rheinlandschaft schauen kann. Spannender ist jedoch die Schau unten, im ehemaligen Bahnhof. Unter dem Titel „Rheinromantik“ geht sie der Transformierung der Mythen und des touristischen Blickes der Rheinlandschaft am Siebengebirge in Kultur und Kunst nach. Ausgestellt sind Devotionalien, Porzellan, Postkarten, Fotografien etwa von August Sander, und dazwischen hängen Malereien und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts oft mit den gleichen Ansichten, auch von Vertretern der „Düsseldorfer Malerschule“: Der Blick auf den Rhein inspiriert eben zur Kunst.
„Weltklasse – Die Düsseldorfer Malerschule“ I bis 22. Januar im Museum Kunstpalast in Düsseldorf I www.smkp.de
„Belvedere“ und „Rheinromantik“ I bis 4. März im Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen I www.arpmuseum.org
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