Popmusik als Virus – das ist nicht wirklich eine neue Idee. Aber sie ergibt doch immer wieder Sinn. Nehmen wir mal Dub. Es gibt kaum eine Musik, die stärker mit der Kolonialgeschichte Englands verwoben sein könnte – egal, ob auf der Mutterinsel Jamaika oder in London, wo sie den Soundtrack zu antirassistischen Aktivitäten aller Art lieferte. Trotzdem gab sich jahrelang ausgerechnet in einem Kreuzberger Hinterhofstudio der internationale Jetset der Dub- und Reggae-Sänger den Spliff in die Hand. Dort residierte Moritz von Oswald, eine Hälfte des digitalen Dub-Duos Rhythm & Sound, und verwob ihre Vocals in seine glasklar gemixten Tracks. Als Produzent war von Oswald nicht mehr als ein Name auf unzähligen Plattencovern: Er verweigerte sich Pressefotos und Interviews. Das hat sich mittlerweile geändert. Mit dem Moritz von Oswald Trio ist er in die Rolle des klassischen Jazz-Bandleaders gerückt. Selbst wenn der Sound des Trios noch Spuren der Vergangenheit in sich trägt: Wie im klassischen Dub steht das Mischpult im Mittelpunkt. Dort wird das schmale und improvisierte Gerüst aus metallischer Percussion und flirrenden Synthesizern in eine Form gerückt, die kaum noch greifbar ist. Auftritte des Trios sind übrigens selten, von daher ist ein Besuch im Kölner Stadtgarten fast ein Pflichttermin.
Wobei Dub-Freunde in Köln ohnehin häufig auf ihre Kosten kommen. Das liegt vor allem an dem Mülheimer Producer und DJ Waddada und seinem Freundeskreis. Waddada hat sich einem eher klassischen Dub-Sound verschrieben. Die Riddims sind schwerfällig, der Bass grummelt in der Magengegend. Fast könnte man Purismus vermuten, würden sich nicht immer wieder digitale Lo-Fi-Samples in den Mix einschleichen und den Sound regelmäßig in Richtung aktueller britischer Bassmusik verschieben. Im Mittelpunkt seiner Sets steht jedoch sein gewaltiges und bassreiches Soundsystem, dem bei seinen Auftritten alle Arme entgegenfliegen. Solche Szenen sind auch bei der Reihe „Untertauchen“ im Essener Goethebunker die Regel: Träger von engen Jeans und überdimensionierten Brillen verlieren die Fassung, sobald sie von den Basswellen erwischt werden und wollen förmlich in die Soundanlage kriechen. Dabei nähert man sich bei „Untertauchen” dem Dub von einer anderen Seite an. Resident DMNK kommt eher aus dem Techno, hat aber wie viele Produzenten im Laufe der Zeit den Charme digitaler Hallfahnen für sich entdeckt. Seine Mixe sind daher treibend, ohne dass es ihnen an der nötigen Deepness fehlt. Verstärkt wird er manchmal von dem Londoner Scuba, einem Dubstep-DJ, der die britische Metropole mittlerweile gegen Berlin eingetauscht hat. Warum? Er wollte Dubstep mit dem Berliner Minimal- Sound infizieren.
Moritz von Oswald Trio: 10.12. I Stadtgarten Köln
Waddada: 4.12 I Gebäude 9 Köln Waddada + Hudson Mohawke: 12.12. I Luxor Köln Untertauchen: 1x monatlich im Goethebunker Essen
7.11. Dominik Eulberg, 21.11. Omar S
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