„Wegen der Cover“ - das antwortete der britische Radio-DJ John Peel auf die Frage, warum er Death Metal-Platten sammeln würde. Was seine Interviewpartnerin erstaunt zurückließ, ist für uns Pop-Junkies selbstverständlich. Bandlogos, die wir nicht entziffern können, farbige Vinylpressungen, Tourposter von Raymond Pettibon, verwaschene T-Shirtsvon Bands aus den 90er Jahren – all das hat neben unseren Lieblingsliedern einen festen Platz in unseren Herzen (und in unseren viel zu engen Wohnungen). Was aber tun, wenn die Lebensphase kommt, in der man sich neben der Crustcore-Dröhnung auch ein Kirschkernkissen herbeisehnt?
Dann geht man zu „Onkel Stereo“ im Duisburger Dellviertel. „Manchmal fragen Leute, die im Laden stehen, was wir hier eigentlich verkaufen“, meint Sabine Nuscheler, die „Onkel Stereo“ zusammen mit ihrem Partner Max führt. Dabei ist die Antwort doch so einfach: nützlicher Krimskrams für Pop-Junkies, ausgesucht von ebensolchen. Hier findet man Bücher von Kleinverlagen wie dem Mainzer Ventil Verlag neben klassischen Plattenlabels wie Dischord oder den Londoner Archivwühlern von Soul Jazz. Klar, Platten und Bücher dürfen nicht fehlen, aber ansonsten tummeln sich auf den gut 60 Quadratmetern Comics, T-Shirts und Haushaltsverschönerungsutensilien wie Geschenkpapier oder Frühstücksbrettchen – und das alles von „Selbermachleuten“. Wie Chefin und Chef hat auch „Onkel Stereo“ seine Wurzeln im Do-It-Yourself-Ethos von Punk.
Und noch etwas ist wichtig. Das „Onkel Stereo“ liegt abseits der Duisburger Einkaufsstraßen. „Manche Kunden merken an, dass die Lage ja nicht so pralle ist“, erzählt Sabine Nuscheler. „Uns war aber wichtig, in dem Viertel, in dem wir leben, was zu machen.“ Schließlich kennt man die beiden im Dellviertel gut. Das benachbarte Café Graefen ist sowas wie ein Lieblingstresen und mit dem „Salon Alter Hammer“ führen sie an der Düsseldorfer Straße ein Kleinstlabel für Töne und Texte. Hier finden Hardcore-Platten ebenso ein Zuhause wie Sammelbände mit fiktiven Plattenkritiken oder die gesammelten Kolumnen des Duisburger Mundart-Denkers Tom Tonk. So funktioniert gut maskiertes Nerdtum mit korrekter Einstellung und Lokalbezug. Letzterer schlägt sich auch im Sortiment von „Onkel Stereo“ nieder. Die selbstgestalteten T-Shirts werden in Meiderich bedruckt, ebenso die Kissen mit der Aufschrift „Dösburg“ – so viel Selbstironie muss sein. Denn unrealistische Metropolenträume haben die Nuschelers nicht. „Man merkt, dass die Kaufkraft in Duisburg niedriger ist als z.B. in Köln“, beschreibt Sabine Nuscheler die jedem Ruhrgebietler vertrauten Unterschiede. „Dinge, die dort 25 Euro kosten, würden wir hier nicht zu dem Kurs los.“ Und wie alle jungen Menschen, die in dieser Region etwas Kulturelles auf die Beine stellen wollen, hatten die beiden schon Besuch vom Ordnungsamt. Stein des Anstoßes: eine Bank vor dem Ladenlokal, ein paar Freunde und ein paar Anwohner mit Beschwerdebedürfnissen. Aber die Geschichte nahm ein gutes Ende. Vor dem „Onkel Stereo“ steht jetzt eine Bierbank mit Sondergenehmigung, damit auch die lärmigen Neffen einen Platz zum Sitzen haben.
Onkel Stereo | Dellstraße 2, Duisburg | www.onkelstereo.de
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