Antonio Pappano dachte beim ersten Treffen mit dem London Symphony Orchestra, er sei in einen Ferrari gestiegen – selbst ein Aston Martin reichte dem Maestro nicht aus, um deren Beschleunigung und Temperament zu beschreiben. Als designierter Chefdirigent der kommenden Spielzeit wird Pappano jetzt im Rheinland vorstellig – mit zwei fantastischen Solistinnen und Programmen abseits des Üblichen.
In England ticken auf den Musikbühnen der Klassik allgemein die Uhren anders. Vorbereitungszeiten für Konzerte – oder im Falle des Erstkontaktes von Pappano mit dem LSO von Opernproduktionen – fallen auf der Insel kürzer aus als auf dem europäischen Festland. Deshalb gelten die Fähigkeiten der in England arbeitenden Musiker in schneller Auffassungsgabe und professioneller Umsetzung als legendär und einzigartig. Pappano kennt und schätzt diese Qualitäten auch aus seiner mehr als zwanzigjährigen Dienstzeit am Royal Opera House, und er darf sich für die aktuelle Europatournee als Nachfolger von Pultheroen wie Claudio Abbado oder Simon Rattle auch bei seltener aufgeführter Konzertliteratur bedienen.
1959 als Sohn eines italienischen Gesangslehrers bei London geboren, wuchs der junge Pianist in den USA auf. Als Assistent von Daniel Barenboim kam er in jungen Jahren nach Bayreuth, wo er vor 25 Jahren debütierte. Für seine Arbeit in Rom wurde er mehrfach ausgezeichnet, er gilt als Spezialist für italienische Oper.
Für das Konzert mit Alison Balsom (23.4., Kölner Philharmonie), der aktuell bekanntesten Trompeterin, wählten die beiden das Konzert des amerikanischen Jazzmusikers und Komponisten Wynton Marsalis, ein stilistisch grenzgängerisches Werk, das besonders die extrem virtuosen Fähigkeiten des Interpreten Marsalis in Jazz und Klassik widerspiegelt. Anschließend wird es in Vaughan Williams 5. Sinfonie very british. Die niederländische Stargeigerin Janine Jansen greift auf Samuel Barbers Violinkonzert zu, einen Klassiker der Moderne aus der amerikanischen Literatur, beseelt durch Anleihen an Themen der Zigeunermusik. Pappano umhüllt dieses selten aufgeführte Werk mit impressionistischen Klängen der Französin Lilly Boulanger, um sein Orchester final in spätromantischer Opulenz erblühen zu lassen: Rachmaninows 2. Sinfonie soll es richten (24.4., Tonhalle Düsseldorf; 25.4., Kölner Philharmonie).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Sinfonische Vollender
Gil Shaham in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 11/24
Weiblicher Beethoven
Emilie Mayers 5. Sinfonie im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 10/24
Ein Himmel voller Orgeln
Zwei Orgelfestivals in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 10/24
Mit virtuoser Blockflötistin
33. Festival Alte Musik Knechtsteden in Dormagen und Köln – Klassik an der Ruhr 09/24
Nach François-Xavier Roth
Der Abgang des Kölner GMDs sorgt für Umbesetzungen – Klassik am Rhein 09/24
Barock und Filmmusik
Open-Air-Konzerte „Viva Italia!“ im Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 08/24
Exotische Musik
„Sounds of Nature“ und „Diálogos de amor“ beim Niederrhein Musikfestival 2024 – Klassik am Rhein 08/24
Akademische Bürgernähe
Michael Ostrzyga dirigiert „Elias“ in Bergheim und Köln – Klassik am Rhein 07/24
Pop-Hit trifft düstere Rarität
Semesterkonzert an der RUB – Klassik an der Ruhr 07/24
Bruckners „verfluchte“ Neunte
„Von Herzen – Letzte Werke“ in Bochum – Klassik an der Ruhr 06/24
Mit Hochdruck bei der Arbeit
Die Orgelfeierstunden im Kölner Dom – Klassik am Rhein 06/24
Träume aus alten Zeiten
Zamus: Early Music Festival 2024 in Köln – Klassik am Rhein 05/24
Aus Alt mach Alt
Tage Alter Musik in Herne 2024 – Klassik an der Ruhr 11/24