Um die Ordnung der Welt erfahren zu dürfen, haben die Götter dem Menschen das Sehen, Hören und die Stimme geschenkt. Musik, also Harmonie und Rhythmus, dringt famos in das Innere der Seele ein, sie dienen tugendhafter Erziehung und schließlich sittlicher Haltung, so glaubte Platon. Aristoteles bereitete der Musik den Weg als Kunst neben Arithmetik, Geometrie und Astronomie. Mathematik regierte die Klänge lange vor der Verbindung zur Poesie. Die Kunst und damit auch die Musik haben die Philosophen aller Zeiten herausgefordert, Stellung zu beziehen. Viele Philosophen haben auch komponiert, so auch Nietzsche. Herrlich also, wenn die Neue Philharmonie Westfalen und der GMD Rasmus Baumann das Thema Philosophie in einem Abo-Konzert aufgreifen.
Warum Haydns Sinfonie Nr. 22 den Beinamen „Der Philosoph“ trägt, erschließt sich nicht wie bei „Das Huhn“ oder „Der Bär“ aus den Noten. Bei der einen gackert‘s, bei der anderen brummt‘s. Angeblich hat die Strenge des Kopfsatzes den Titel bewirkt, andere hören denkende Figuren tapsen.
Nietzsches berühmtestes Werk „Also sprach Zarathustra“ benötigt schon für richtige Schreibung des Namens einen Grundstock humanistischer Bildung. Die beginnende Fanfare, bekannt aus der Werbung, ist ein paukengetriebener Knaller. Der Titelheld war ein Philosoph, der Dichter auch, und sein Held ist„glühend und stark, wie eine Morgensonne, die aus dunklen Bergen kommt.“ So klingt es bei Richard Strauss tatsächlich, eine maßlos ergreifende Musik, das Bedeutendste und Eigentümlichste, so der Komponist, was er je geschrieben hat; eine metaphysische Erfahrung.
Leonard Bernstein, ein Genius, der ein ganzes Jahr ins Chomsky-Land reiste und dessen Buch „Sprache und Verstand“ auf die Musik anzuwenden suchte, zeitreist in seiner „Serenade“ in Platons legendäres „Symposion“, bei uns als „Das Gastmahl“ Pflichtlektüre für Philosophiestudenten. Es geht um einen runden Tisch mit verschiedenen Philosophen, die allesamt die Liebe preisen. Bernstein hat in der Lektüre des Buches die weisen Griechen belauscht und daraus ein eindrucksvolles Konversationsstück entwickelt. Nach einem mild-weisen Vortrag Agathons entfacht sich eine glutvolle Diskussion, Stimmführerin ist die Geigerin Akiko Suwanai – ein selten gewährter Hörgenuss, frei nach Goethe: „Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt, der lasse sich begraben.“
5. Sinfoniekonzert mit der Neuen Philharmonie Westfalen | Mo 27.1. 19.30 Uhr | Musiktheater im Revier | 0209 409 72 00
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