Der Frühling zeigt die ersten Blüten, eine gute Gelegenheit, mal wieder vor die Tür zu gehen. Besonders für Popfans: Auch außerhalb von verschwitzten Clubs und Konzertsälen mit Patina kann man sich in entspannter Runde über Vergangenheit und Zukunft von Pop austauschen – man muss dafür nur die Uni oder ein Museum aufsuchen.
In Wuppertal findet in der ersten März-Woche zum zweiten Mal die HipHop Academy statt. In der Bergischen Universität wird Theorie und Praxis von Hip Hop debattiert. Auf dem Programm stehen Vorträge über Sampling-Zitate und Breakbeats, also der Legosteine des Hip Hop, wenn man so will. Abends werden die Hände zum Konzert mit u.a. Fiva MC in die Luft geworfen.
In Ostwestfalen bemüht man sich in der Ausstellung „Stadt.Land.Pop.“ auf dem Kulturgut Nottbeck dagegen um die regionalen Exilanten. Denn eine Gruppe junger MusikerInnen verschlug es Ende der 1980er aus dem vielleicht ein wenig zu gemütlichen Landstrich nach Hamburg, wo sie schließlich allesamt zu Protagonisten der „Hamburger Schule“ wurden. Dabei scheint das Verhältnis zur alten Heimat nicht immer entspannt zu sein. Der ehemalige Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer, der in Brakel aufwuchs, verweigerte seine Mitarbeit an der Ausstellung, so dass von seiner Band nur ohnehin im Handel erhältliches Material zu sehen ist.
Das dürfte den Kuratoren von „Sensational Fix“ nicht passiert sein. Schließlich steht mit Sonic Youth eine alte und äußerst integre Indierock-Institution hinter dem Projekt in der Düsseldorfer Kunsthalle, die zudem den entscheidenden Vorteil besitzt, den Kunstboom im New York der frühen 80er als Zeitzeugen miterlebt zu haben. Somit ist „Sensational Fix“ dann auch nicht weniger als eine Überblicksschau von Gegenwartskunst geworden, bei der die Band letztendlich den verdienten Platz in der großen Kunstgeschichte als Netzwerker zwischen Fluxus und der Factory zugewiesen bekommt.
Trotzdem bleibt bei alledem ein schaler Nachgeschmack. Dieser hat weniger mit der Frage zu tun, ob Hip Hop oder Indierock würdig sind, in akademischen Kreisen debattiert oder im Museum ausgestellt zu werden. Sondern eher damit, was die Akademie und Museen eigentlich für die Popmusik leisten können. Selbstverständlich werden durch die Krise darbende Musiker die zusätzlichen Einnahmen zu schätzen wissen, trotzdem scheint künstlerische Entwicklung abseits der Institutionen stattzufinden. Hip Hop erfindet sich im Moment gerade dadurch neu, dass er auf traditionelle Techniken des Samplings und Soundzitats verzichtet. Die Hamburger Schule ist als solche nicht mehr erkennbar. Und auch Sonic Youth, die im Sommer ein neues Studioalbum herausbringen, fördern seit Jahren lieber junge Bands aus der experimentellen AvantRock- Szene, anstatt deren Einflüsse in ihrer eigenen Musik hörbar werden zu lassen. Was eine Art von Förderung ist, für die Museum und Universität nun einfach zu behäbig sind.
Hip Hop Academy Wuppertal I Bergische Universität Wuppertal I 2.-8.3. www.hiphopacademy-wuppertal.de
Stadt.Land.Pop. I bis 19.4. I Kulturgut Nottbeck I www.kulturgut-nottbeck.de
Sensational Fix I Kunsthalle Düsseldorf I bis 26.5. www.kunsthalle-duesseldorf.de
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