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„Im weißen Rössl“
Foto: Burgfestspiele Mayen

Renaissance der Operette

24. August 2018

Auf Burg Mayen geht das „Weiße Rössl“ durch – Musical in NRW 09/18

Ralph Benatzkys 1930 entstandenes „Im weißen Rößl“ erlebt nach sechs Verfilmungen zwischen 1935 und 2013 und der kultigen Neufassung (1994) der Geschwister Pfister eine Renaissance auf den deutschen Bühnen, findet gerade unter den Musical-Liebhabern ein neues Publikum. Und tatsächlich: Welche Operette würde sich besser eignen, die Berührungspunkte zum Musical aufzuzeigen? Genauso wie „My Fair Lady“ musikalisch im Wien der 30er Jahre hätte entstehen können, hätte das „Weiße Rößl“ durchaus am Broadway aus der Taufe gehoben werden können. 

Im Sommer hat Regisseurin Catharina Fillers mit dem Trio Laurenz Wannenmacher (Keyboard), Johannes Huth (Bass) und Volker Reichling (Schlagzeug) die Operette deren schlichte Handlung auf ein dreifaches Happyend hinausläuft, für die Burgfestspiele Mayen jazzig-frisch aufpoliert. Deshalb verlässt sich ihre Inszenierung auch ganz auf den hierzulande schon zum musikalischen Allgemeingut gewordenen Melodienreichtum des Singspiels, mischt die leise Kaiserreich-Ironie der Vorlage, die durchaus Parallelen zur politischen Gegenwart offenbart, mit augenzwinkernden Anleihen beim zeitgeistigen Humor. So sind zwei der drei im Dirndl, anfangs als „Staubwedel-Ballett“ über die Bühne fegenden Hotel-Stubenmädel, Männer. Aus der „einen“ wird dann später der Rechtsanwalt Dr. Siedler (ein großes Musical-Talent: Marco Wohlwend), aus der „anderen“  der schöne Sigismund (mit überbordernder Spiellaune: Sven Prüwer). Ansonsten hat Catharina Fillers in Ermanglung eines großen Stadttheater-Ensembles, das Protagonisten-Karussell mit Doppel- bis Vierfach-Rollen kräftig angeschoben. Dazu zeichnet Marie Anjes Lumpp, die u.a bezaubernd das lispelnde Klärchen gibt, auch für die frisch-fröhliche Choreografie verantwortlich. Die mit nur einer Rolle bedachten Matthias Manz (Fabrikant Giesecke) und Marius Schneider (Piccolo) lösen ihre Aufgabe mit wunderbar schnoddrigem Berliner Humor bzw. pfiffiger Aufmüpfigkeit.

Im Mittelpunkt der, vor einer riesigen „Alpen-Panorama-Fototapete“ (Bühnenbild: Flavia Schwedler) mit einmontierter Eifelburg spielenden, Handlung steht natürlich die Zähmung der widerspenstigen „Rössl“-Wirtin Josepha durch ihren narrisch-verliebten Oberkellner Leopold, denen Saskia Kästner und Jan Nicolas Bastel mit schönen Stimmen und harmonischem Zusammenspiel Gestalt verleihen. Da schmilzt man selbst dahin, wenn er ihr mit: „Es muss was wunderbares sein, von dir geliebt zu werden“, seine Liebe gesteht. Aber auch die „Liebe auf den ersten Blick“ zwischen Dr. Siedler und Gieseckes Tochter Ottilie kann man als Zuschauer nachvollziehen, weil Marissa Möller ihre Rolle mit jenem charismatischen Liebreiz ausfüllt, der einen selbst „verliebt“ macht.
Info: burgfestspiele-mayen.de

Bonus: Für die Freunde des „reinen“ Musicals hält der Musicaldome in Köln ab 5. September noch ein „Schmankerl“ bereit. Dann schlüpft bis zum 29.9. Deutschlands beliebtester Musical-Darsteller, Mark Seibert, in das Gewand des blutsaugenden Grafen Krolock im „Tanz der Vampire“!

Rolf-Ruediger Hamacher

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