Mit dem Erfolg des Hamburger Labels Audiolith und des sachsen-anhaltinischen Melt!-Festivals hat sich ein Genre als breitenwirksam etabliert, das zwischen Rhein und Ruhr bisher erst für eine kurze Periode in den frühen 1980er Jahren aufflackerte: Einer der weltweit einflussreichsten Electropunk-Acts waren die heute noch aktiven Düsseldorfer DAF, die einen unterkühlten Synthie-Sound in die eigene Szene importierten. Heute ist die nationale Szene deutlich breiter aufgestellt, und mittlerweile machen sich auch Acts aus DAFs Stammland daran, dem Stil ihren Stempel aufzudrücken.
Das aktuellste Beispiel dafür sind Susanne Blech. Ein Quintett aus verschiedenen Orten zwischen Düsseldorf und Herne, das unlängst sein zweites Album „Triumph der Maschine“ veröffentlichte und dort andockt, wo Bands wie Frittenbude oder Bratze mittlerweile Tausender-Hallen füllen. Allerdings reduzieren sich Susanne Blech nicht auf das Wesentliche, sondern sind deutlich ausschweifender, experimentierfreudiger und textlich verblümter, ohne dabei den expliziten Ausdruck aufzugeben. Sie ruhen sich nicht auf der todsicheren Formel der Beats und des Sloganism aus, sondern machen gerade mit ihren Texten Bilder und Stimmungen auf, die seinerzeit auch DAF zur Ehre gereicht hätten.
Susanne Blech sind Teil einer Szene, die sich unter dem Deckmantel des Labels Z-Muzic über ganz NRW erstreckt. Dazu gehört auch die etwas sanfter agierende Danja Atari, eine gebürtige Berlinerin, die schon als Jugendliche mit ihrer Mutter ins Rheinland zog. Ihre Songs, besonders die ihres Anfang 2011 erschienenen Albums „At The Back Of Beyond She Found An Artichoke“, bemühen träumerischere Sounds und nicht gar so direkt schlagende Breakbeats. Sie ist eng mit Susanne Blech verbunden, unter anderem darin, dass beide Acts sich nicht mehr auf eine einzelne Stadt der Region als Heimat berufen, sondern auch in ihrem Alltag die ganze Gegend vereinen.
Das Rückgrat der gemeinsamen Struktur heißt Sebastian Maier. Er ist nicht nur in beiden Bands Musiker und der Betreiber von Z-Muzic, sondern auch der Gründer des all diese Musiker vereinenden Tengu-Basements. Einst als HipHop-Act gestartet, verbindet das Kollektiv mittlerweile etliche Musiken zwischen Dub und House und ist mit einem weitverzweigten Netzwerk fest im Ruhrgebiet verwurzelt. „Es gibt so viele tolle Musiker hier, und mir scheint, dass die Zusammenarbeit leichter läuft als in den Metropolen“, begründet Maier das Verbleiben in seiner Heimat. Dass sich Kollaborationen hier tatsächlich leicht ergeben können, zeigt die Gästeliste der Alben von Z-Music. Hier spielte Radiolegende Klaus Fiehe Saxophon, dort steuerte Egotronic-Frontmann Torsun Burkhardt Texte bei. Auch die Homebase des Kollektivs liegt tief im Westen: Das Studio des Kollektivs steht in Essen, die Büros des Labels in Herne. „Ich denke nicht, dass wir hier weg müssten“, sagt Maier. Wohl wahr, schließlich trieb es schon DAF nicht weiter aus Düsseldorf weg als nach Gelsenkirchen.
Susanne Blech live: 3.3. Herne, Zeche Pluto/27.4. Dortmund, FZW
www.susanne-blech.de I www.danja-atari.com I www.z-muzic.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Tolerante Szene
An diesem Abend gehen Kölner Jazzbühnen fremd – Improvisierte Musik in NRW 11/24
Nordisches Spitzenprodukt
Rymden am Theater Krefeld – Improvisierte Musik in NRW 10/24
Experimentell und innovativ
3. New Colours Festival in Gelsenkirchen – Improvisierte Musik in NRW 09/24
Immer eine Uraufführung
4. Cologne Jazzweek – Improvisierte Musik in NRW 08/24
Ein Abend für den Duke
Jason Moran und die hr-Bigband in Duisburg – Improvisierte Musik in NRW 07/24
Musikalische Eröffnung der EM
Bundesjazzorchester mit Tom Gaebel in Dortmund und Köln – Improvisierte Musik in NRW 06/24
Verschiedene Welten
Drei Trompeter besuchen das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 05/24
Besuch von der Insel
„Paul Heller invites Gary Husband“ im Stadtgarten – Improvisierte Musik in NRW 04/24
Pure Lust an der Musik
Das Thomas Quasthoff Quartett im Konzerthaus Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 03/24
Kleinstes Orchester der Welt
„Solace“ in der Friedenskirche Ratingen – Improvisierte Musik in NRW 02/24
Mit zwei Krachern ins neue Jahr
Jesse Davis Quartet und European All Stars in Köln – Improvisierte Musik in NRW 01/24
Sturmhaube und Ballonmütze
Gregory Porter in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 12/23
Balladen für den Herbst
Caris Hermes Quintett in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 11/23
Wonnemonat für Fusionfans
Drei E-Gitarren erobern das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 10/23
Funk und Soul mit fetten Sounds
„Tribute To Curtis Mayfield“ in der Kölner Philharmonie – Improvisierte Musik in NRW 09/23
Die Trommel mal ganz vorne
„Schlagzeugmarathon“ in Essen – Improvisierte Musik in NRW 08/23
Bird with Strings
Karolina Strassmayer in Essen – Improvisierte Musik in NRW 07/23
Tüchtige Kellerkinder
Subway Jazz Orchestra feiert zehnten Geburtstag – Improvisierte Musik in NRW 06/23
John Scofield allein zu Haus
Der große Gitarrist in Oberhausen – Improvisierte Musik in NRW 05/23
David Murray auf Hochtouren
„International Jazz Day“ auf Burg Linn – Improvisierte Musik in NRW 04/23
Es klingelt das Vibraphon
Wolfgang Lackerschmid im Jazzkeller Krefeld – Improvisierte Musik in NRW 03/23
Sisters in Jazz
Cæcilie Norby und Band in Bad Hamm – Improvisierte Musik in NRW 02/23
Je bunter, umso besser
„Die Verwandlung“ in Wuppertal, Köln und Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 01/23
Den Eisbär im Programm
JugendJazzOrchester NRW im Stadtgarten Köln – Improvisierte Musik in NRW 12/22
Ein Klangträumer an den Tasten
Michael Wollny Trio in Düsseldorf und Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 11/22