Ein wenig ist Mode, ganze Sammlungen ferner Museen für einige Zeit auszustellen. Logistisch ist es ohnehin einfacher, wenn die entliehenen Kunstwerke aus einer Quelle und nicht aus allen Himmelsrichtungen kommen. Schon 1992 hat die Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn Werke aus dem New Yorker Museum of Modern Art gezeigt. Daran schlossen sich weitere Schauen mit Museumssammlungen an, was nun, initiiert und mitkuratiert vom großen Christoph Vitali, der neue Bonner Direktor Robert Fleck fortsetzt: Unter dem Titel „Gipfeltreffen der Moderne“ werden die Bestände des Kunstmuseums Winterthur gezeigt.
Indes wirkt diese Schweizer Sammlung in Bonn zunächst nicht besonders aufregend, mehr als Nacheinander der üblichen Namen, beginnend im Impressionismus, die Gemälde von schweren Rahmen umfangen, kaum die Hauptwerke der betreffenden Künstler. Und doch muss man diese Ausstellung gesehen haben! Ihre Bedeutung liegt in den umfassenden Beständen zu einzelnen Künstlerpersönlichkeiten (Vuillard, Bonnard, Vallotton), mündend in einen Raum zu Giorgio Morandi. Auch erweist sich die Ausstellung als kompletter Überblick über die Kunstgeschichte der Moderne, der bis in die Gegenwart reicht. Möglich wurde die Entleihe aber erst durch Umbaumaßnahmen im Museum Winterthur, wodurch die Kunst ausgelagert werden musste. – Entsprechend, nach dem gleichen Prinzip, sind derzeit die Sammlungsbestände zweier NRW-Museen auf Reisen: von der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf sowie vom Museum Folkwang in Essen, das einen Teil seiner Exponate zudem in der Villa Hügel prunkvoll präsentiert wie auch vorübergehend in die Sammlung des Museum Quadrat in Bottrop integriert hat.
Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund wiederum profitiert nun vom Bestand der Nationalgalerie Berlin: Vorgestellt wird das Umfeld impressionistischer Malerei in Deutschland, mit den Malern der 1898 gegründeten Berliner Secession, darunter Max Liebermann, Max Slevogt und Lovis Corinth, und Bildern für den Sommer: mit lichtdurchfluteten Räumen und Spaziergängen am Meer. Der Wert der Ausstellung liegt in ihrer Ausschließlichkeit, mit der ein Kapitel deutscher Kunstgeschichte hochkarätig aufgefächert wird und vielleicht überhaupt ganz neu gesehen werden kann. Im Interesse aller und hoch seriös! – Längst aber hat sich das nächste Konzept breitschultrig Einzug in die Museumsräume, die als Gütesiegel für Kunst gelten, verschafft: Ausgestellt werden immer wieder auch die Privatsammlungen reicher Menschen, die auf diese Weise ihr Image und den Marktwert ihrer Kunst steigern. Es lebe die Museumssammlung!
Gipfeltreffen der Moderne – Das Kunstmuseum Winterthur I bis 23.8. in der Kunst- und Ausstellungshalle Bonn I www.bundeskunsthalle.de
Berliner Impressionismus – Werke aus der Nationalgalerie I 20.6. bis 11.4.10 im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund I www.museendortmund.de/mk
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