Zwei Weltstars der Kunst, die im Rheinland ansässig sind, präsentieren derzeit hier auch ihr Werk – aber nichts ist, wie man es erwarten könnte. Jedenfalls, die Ausstellungen mit Gerhard Richter und Andreas Gursky, die in Köln und Leverkusen bzw. Krefeld zu sehen sind, demonstrieren, dass hier – trotz Berlin – nach wie vor nicht nur extrem viele, sondern auch ausgesprochen erfolgreiche Künstler leben.
Zunächst Gerhard Richter. Das Museum Ludwig zeigt einen Überblick über seine abstrakten Malereien von 1986 bis 2008. Diese Bilder zeigen nichts außer Farben und wie sie auf der Leinwand stehen. Zufall wirkt mit Kalkül zusammen, Schöpfung mit Zerstörung. Die Unterschiede der Werkgruppen unterstreichen noch, wie systematisch Richter vorgeht und wie intensiv er seinen Fragestellungen nachgeht. Dies haben die abstrakten Malereien dann doch mit den Werkaspekten gemeinsam, für die Richter berühmt ist: den gegenständlichen, überwiegend grau-weißen „unscharfen“ Darstellungen sowie den Tafeln aus Farbquadraten. Diese Bilder haben deutlich gemacht, dass für Gerhard Richter alles verfügbar ist; stets geht es um den Zugriff auf die Bilderflut und um die Aktualität der Malerei.
So verstanden ist die Ausstellung in Leverkusen sinnvoll und doch überflüssig. Sie zeigt – erstmals, in einer Premiere – die Übermalungen eigener, oft biographischer Fotos. Die malerischen Hinzufügungen sind formale Fortführungen und Deutungen. Das ist wirkungs- und stimmungsvoll, nur selten blitzt die Intensität des sonstigen Werkes auf. Auch das ist ein Seitenweg, und: Die Bilder in Köln wie auch in Leverkusen stehlen sich in ihrer Menge die Schau.
Bei der Ausstellung der Fotoarbeiten von Andreas Gursky in Krefeld liegt die Sache anders. Es ist ein Vergnügen, sich die Ausstellung in Haus Esters und Haus Lange anzuschauen. Bekannt wurde Gursky mit monumentalen, teils digital bearbeiteten Fotos in Farbe, die, umfasst von einem weißen Rand, aus überblickendem Abstand Luxus und Erhabenes in unserer Gesellschaft festhalten. Der Mensch verschwindet in der Umgebung, bleibt infolge der brillanten Schärfe aber erkennbar. Und immer fasst Gursky die verschiedenen Aspekte eines Themas in ein Bild. Etliche seiner Aufnahmen zählen zu den Ikonen der zeitgenössischen Fotografie, im feinen Gespür für die Motive und in ihrer bildnerischen Genauigkeit. – In Krefeld nun unterläuft Gursky alle Erwartungen, indem er seine Bilder im kleinen Format geprintet hat. Gursky selbst sieht das Ganze als Projekt: Die Bilder gehören zu einem Block zusammen, konkurrieren also nicht mit den großen Abzügen, sind Erweiterung und Perspektivwechsel – vor allem bei ihm bleibt spannend, wie es mit der Arbeit weitergeht.
Gerhard Richter: Abstrakte Bilder I bis 1.2. I Museum Ludwig Köln I www.museum-ludwig.de
Gerhard Richter: Übermalte Fotografien I bis 18.1. I Museum Morsbroich Leverkusen I www.museum-morsbroich.de
Andreas Gursky: 80-08 I bis 25.1. I Museen Haus Lange, Haus Esters Krefeld I www.kunstmuseenkrefeld.de
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