Die Idee des Labyrinths – das man durchschreitet, in dem man sich verirrt und auf Überraschungen stößt – hat die Kulturgeschichte und die Kunst schon seit der Frühzeit fasziniert. Wir denken an Minotaurus in der klassischen Antike oder an das Spiegelkabinett auf der Kirmes und an kulturgeschichtliche Untersuchungen im 20. Jahrhundert von Gustav René Hocke oder Hermann Kern: An letzteren wird zu Beginn der Ausstellung im Marta Herford erinnert. Die Ausstellung handelt mit der direkten körperlichen Erfahrung und berührt noch das Virtuelle. Die sechs eingeladenen internationalen Künstler verstehen den Ausstellungsparcours sinnlich erfahrbar, sogar mehr als es sonst in Kunstmuseen üblich ist.
Bei dieser Ausstellung im Marta Herford gibt es zwei – sich wieder vereinigende – Eingänge: Was für den einen Besucher der Beginn ist, ist für den anderen das Ende der Abfolge von Minilabyrinthen und Raumkonstrukten. Bei Anne Hardy und Song Dong handelt es sich um geschlossene Räume, und eigentlich möchte man nicht zu viel über diese verraten. Schon der Zugang ist sehr speziell. Anne Hardy hat einen dunklen, rohen Raumabschnitt geschaffen, der den eigenen Körper umschlingt und dazu Fragmente unserer baulichen Umgebung verwendet. Bei Song Dong herrscht hingegen gleißendes farbiges Licht unter einer großzügigen Kuppel. Schon seine Fassade aus Fensterrahmen ist enorm reizvoll. Das Labyrinth als Parcours aber, durch den man sich tastet, findet sich im Konzept des Düsseldorfer Künstlers Christian Odzuck wieder. Hier besitzt es noch Züge des Mythischen, gerade weil es vom traumhaft Luxuriösen in den Straßenschotter wechselt; in der Ecke liegen Straßenlampen, die nun den Winkel ausleuchten und plötzlich so nah sind. Zugleich gelingt es Christian Odzuck, die Dimensionen und die Struktur dieses eigenwilligen Museumbaus deutlich zu machen. Darauf baut auch die ganzflächige Wandzeichnung von Peter Kogler auf. Aus den flachen Wandsegmenten wird ein tosender Strudel, der über den Betrachter hinwegfegt. Das Verhältnis von Virtualität und Realität greift Chiharu Shiota mit ihren gespannten roten Fäden auf und erweitert es um die Dimensionen des Tradierten und des Erzählerischen. Fünf alte Türen sind an verschiedenen Stellen in die transparenten Stoff-Wände eingefügt und definieren so einen begehbaren langgestreckten Korridor. Wieder ein anderes Raumgefühl vermittelt sich bei der Bodeninstallation von Royden Rabinowitch, bei der Winkel und zylindrische Segmente – je nach Perspektive – zu unseren Füßen geschachtelt oder auseinander gerückt sind und uns auf Abstand halten. Und dann stellt man fest, dass es hier, in dieser anregenden Ausstellung im Marta Herford, vor allem auch um den Ort selbst geht: die so geniale Architektur von Frank Gehry.
Willkommen im Labyrinth | bis 23.9. | Marta Herford | www.marta-herford.de
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