2010 wurde nicht nur bei uns Kulturhauptstadtjahr gefeiert, sondern auch anderswo in Europa, im ungarischen Pécs und in Istanbul. Ausschnitte aus beiden Kulturen gab es entsprechend in Nordrhein-Westfalen zu sehen, etwa in der Reihe „Scene Ungarn in NRW“ mit Beiträgen aller Gattungen. Oder im Hagener Osthaus Museum mit der Istanbuler Kunstsammlung Humar Kabakcı, welche die Stadt am Bosporus als Zentrum der türkischen Avantgarde präsentierte, das Tradition mit Weltoffenheit paart und zwischen Ost und West vermittelt. Europas größte und am schnellsten wachsende Metropole hat aber auch eine eigene Identität entwickelt, die noch Kreativität freisetzt. Das unterstreichen nun zwei aktuelle Ausstellungen, die sich weniger der Kunst selbst als der ästhetischen Einrichtung im öffentlichen Leben zuwenden und dabei die jüngeren Protagonisten der jeweiligen Zunft vorstellen. Unter dem Titel „Istanbul Fashion“ widmet sich das Kölner Museum für Angewandte Kunst Istanbul als führender Modestadt der Türkei. In halboffenen Displays voneinander getrennt sind die Kleidungsstücke von elf Labels zu sehen. Die Kommentare im Gästebuch der Ausstellung schwärmen von der Mode, die, auf unterschiedliche gesellschaftliche Anlässe zugeschnitten, fabelhaft sei. Nur die Art ihrer Präsentation ist monoton. Vielleicht wäre erfrischend und anschaulich gewesen, noch Videos von der Istanbuler „Fashion Week“ zu zeigen? Immerhin kommt rüber, dass die Mode hier Ausdruck eines hellwachen Lebensgefühls ist. Eine überraschende Schau in Köln, das seit 1997 Partnerstadt von Istanbul ist.
Auch die andere Ausstellung findet in einem Museum mit einer Tendenz für das Angewandte statt. Neben den Schauen zur freien Kunst stellt das Marta Herford regelmäßig Positionen des Design vor. Die Ausstellung „Spagat! – Design Istanbul Tasarımı“ umfasst das Spektrum von öffentlicher und privater Anwendung und präsentiert ebenso Möbel wie Schmuck und Haushaltsgeräte. Die ausgewählten Istanbuler Designer kennzeichnet eine pragmatische Orientierung am Gebrauch, wobei noch Erfahrungen aus der Kunst einfließen. Wenn auch anders präsentiert – origineller, gleichsam im Wohnungskontext –, verbindet „Spagat!“ und „Istanbul Fashion“ einiges. Zusammen deuten die Schauen an, wie das Leben vielerorts in Istanbul aussieht – schließlich wirken die Designer selbst auf die Urbanität ein. Inwieweit dies „türkisch“ oder global ist oder ein ganz eigener, nur am Bosporus möglicher Stil, das wäre Sache einer weiterführenden Debatte. Jedenfalls, Istanbul ist heute nicht so fern.
Istanbul Fashion
bis 30.1. im Museum für Angewandte Kunst in Köln
www.museenkoeln.de
Spagat! – Design Istanbul Tasarımı
bis 20. Februar im Marta Herford
www.marta-herford.de
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