Manchmal, so meint Bobby, fühlt sich seine Stimme so an, als wäre nur Schlamm in seinem Mund. Aber er singt dann trotzdem, mit dem, was übrig ist. Und immer reicht das auch noch. Für seine Schüler auf der ganzen Welt hat er auch tolle Ratschläge. Bobby: „Wenn ihr Halsschmerzen habt, dann singt einfach drum rum!“ Hört sich einfach an. Aber Bobby kann es vermitteln. Und es geht: Mit Technik!
Diese hat sich der im letzten Jahr 60 Jahre jung gewordene Stimmkünstler Bobby McFerrin selbst antrainiert, denn seine Sangesart wurde in seiner Jugendzeit nicht gelehrt. Berühmt wurde der Stimmartist über seine legendären Solokonzerte, in denen er parallel Bassrhythmen grunzte, dumpfe Brustkorbkicks untermischte und darüber luftige Melodien hängte. Die Lippen fest am Mikrophon, das natürlich schön fett aufgedreht sein musste, hexte der Rasta-Mann abendfüllend spannendste unbekannte Geräusche und Musiken. „Wenn ich singe“, meinte er unlängst zu seiner Kunst, „klingt es wie eine eigene Sprache!“
Mit einem positiv einstimmenden Schmusesong zum Mitsummen und Mitflöten landete McFerrin einen Welthit, der die einfache Botschaft überreichte: „Don`t worry, be happy!“ McFerrin lebt diese Grundbotschaft auch nach zehn Grammys, er lässt sich nicht verbiegen oder auf eine Spur einnorden, er wurde sogar mit schuhplattlernden Lederhosentänzern mit Gamsbart am Hut gesichtet – Bobby sang die passende Musik dazu. Ausflüge als Dirigent mit den führenden Weltorchestern leisteten sich die Orchester, um ein neues Publikum für die Klassik zu erschließen. Die Ergebnisse glichen allerdings für die Kenner unter den Klassikfreaks eher warmen Darmwinden – selbst die Wiener Philharmoniker, vom Niveau her Selbstfahrer, klangen nie belangloser als unter dem Dirigat von Bobby McFerrin.
Es ist ja beruhigend, wenn jemand auch etwas nicht kann. Jetzt reist er mit einem neuen Programm durch die Welt, bei dem er ein echter Weltmeister ist. McFerrin präsentiert dabei in Essen den „Chamber Choir of Europe“ als Verstärkung für eine bunte Musikshow. Der Abend bleibt a cappella, aber die Kompositionen grooven gewaltig und benutzen bzw. zitieren alle die Musiken, die Mc- Ferrin in seinem Leben aufgesogen hat. Es mischen sich markante afrikanische Wechselgesänge mit indischer Musik, Jazz, Soul, Rock und Pop wachsen zu einer Weltsprache zusammen, die eigentlich keiner Worte mehr bedarf. „VOCAbuLarieS“, so der Name des Programms, sind also überflüssig. McFerrin schwimmt auf dem Klang dieser Stimmen, setzt grandiose Improvisationen darüber oder unterlegt seine berühmte Körperperkussion, die manchmal ein ganzes Drumset imitieren kann und ja in den letzten Jahren eine ganze Sturmflut von Nachfolgern gefunden hat – die in den A cappella Boy Groups so richtig auf die „Pauke“ hauen. Das Interesse an seiner Art erweitertem Gesangunterricht ist immens und treibt ihn als Dozenten für Meisterkurse um die Welt. Schön, dass er selbst noch so viel Spaß am Singen hat, er ist nämlich tatsächlich kaum zu bremsen. Bobby: „Ich würde das am liebsten noch machen, wenn ich 90 bin!“
Bobby McFerrin I 25.3., 20 Uhr
Philharmonie Essen
www.philharmonie-essen.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Tolerante Szene
An diesem Abend gehen Kölner Jazzbühnen fremd – Improvisierte Musik in NRW 11/24
Nordisches Spitzenprodukt
Rymden am Theater Krefeld – Improvisierte Musik in NRW 10/24
Experimentell und innovativ
3. New Colours Festival in Gelsenkirchen – Improvisierte Musik in NRW 09/24
Immer eine Uraufführung
4. Cologne Jazzweek – Improvisierte Musik in NRW 08/24
Ein Abend für den Duke
Jason Moran und die hr-Bigband in Duisburg – Improvisierte Musik in NRW 07/24
Musikalische Eröffnung der EM
Bundesjazzorchester mit Tom Gaebel in Dortmund und Köln – Improvisierte Musik in NRW 06/24
Verschiedene Welten
Drei Trompeter besuchen das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 05/24
Besuch von der Insel
„Paul Heller invites Gary Husband“ im Stadtgarten – Improvisierte Musik in NRW 04/24
Pure Lust an der Musik
Das Thomas Quasthoff Quartett im Konzerthaus Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 03/24
Kleinstes Orchester der Welt
„Solace“ in der Friedenskirche Ratingen – Improvisierte Musik in NRW 02/24
Mit zwei Krachern ins neue Jahr
Jesse Davis Quartet und European All Stars in Köln – Improvisierte Musik in NRW 01/24
Sturmhaube und Ballonmütze
Gregory Porter in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 12/23
Balladen für den Herbst
Caris Hermes Quintett in Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 11/23
Wonnemonat für Fusionfans
Drei E-Gitarren erobern das Ruhrgebiet – Improvisierte Musik in NRW 10/23
Funk und Soul mit fetten Sounds
„Tribute To Curtis Mayfield“ in der Kölner Philharmonie – Improvisierte Musik in NRW 09/23
Die Trommel mal ganz vorne
„Schlagzeugmarathon“ in Essen – Improvisierte Musik in NRW 08/23
Bird with Strings
Karolina Strassmayer in Essen – Improvisierte Musik in NRW 07/23
Tüchtige Kellerkinder
Subway Jazz Orchestra feiert zehnten Geburtstag – Improvisierte Musik in NRW 06/23
John Scofield allein zu Haus
Der große Gitarrist in Oberhausen – Improvisierte Musik in NRW 05/23
David Murray auf Hochtouren
„International Jazz Day“ auf Burg Linn – Improvisierte Musik in NRW 04/23
Es klingelt das Vibraphon
Wolfgang Lackerschmid im Jazzkeller Krefeld – Improvisierte Musik in NRW 03/23
Sisters in Jazz
Cæcilie Norby und Band in Bad Hamm – Improvisierte Musik in NRW 02/23
Je bunter, umso besser
„Die Verwandlung“ in Wuppertal, Köln und Düsseldorf – Improvisierte Musik in NRW 01/23
Den Eisbär im Programm
JugendJazzOrchester NRW im Stadtgarten Köln – Improvisierte Musik in NRW 12/22
Ein Klangträumer an den Tasten
Michael Wollny Trio in Düsseldorf und Dortmund – Improvisierte Musik in NRW 11/22