Christo, wie seine Ehefrau Jeanne-Claude am 13. Juni 1935 geboren, wurde schon früh und für Künstler ungewöhnlich stark bekannt – dies liegt an den spektakulären, riesigen Projekten des amerikanischen Künstlerpaares. Christo und Jeanne-Claude zelebrieren einen von Mal zu Mal angemessenen und ästhetischen Umgang mit Landschaft oder Architektur. Zu ihren Arbeiten gehören neben der Verhüllung des Reichstages 1995 die „Surrounded Islands“ vor Florida 1983, bei der schwellende rosa Flächen das Grün der Inseln umgeben, oder die „Gates“, die 2005 einen Parcours im New Yorker Central Park bildeten. Der Land Art und der ökologischen Kunst wurden diese Meisterwerke der künstlerischen Intervention zugeordnet, welche noch gesellschaftliche Dimensionen besitzen: in ihren Themen, und indem sie die Bevölkerung mobilisieren. Zwar ist Jeanne-Claude im vergangenen Jahr gestorben, aber zwei Projekte, die von ihr mit konzipiert wurden, harren noch der Realisation. Die Schau im Max Ernst Museum in Brühl liefert nun einen Einblick in Vergangenheit und Zukunft. Ganz aus der Sammlung Würth zusammengestellt, umfasst sie Objekte, Collagen und Zeichnungen seit den 1960er Jahren. Zu sehen sind also auch Christos frühe Arbeiten, bei denen recht alltägliche Dinge verhüllt und verschnürt sind. So großartig und wichtig auch die monumentalen Projekte sind – das Alltägliche hat Christos Blick für die drängenden Phänomene und die Übertragung in poetische Form geschärft. Die Hinwendung zu unserer Alltagskultur, schließlich das Überwinden der Sphären von Kunst und Leben, das ist es, was Christo mit Hans-Peter Feldmann auf höchstem Niveau verbindet. Feldmann, der 1941 geboren wurde und in Düsseldorf ansässig ist, ist vor allem Konzeptkünstler, der mit dem Hintergründigen seiner Arbeiten immer wieder neu überrascht. Wie systematisch er dabei vorgeht und dass sich bestimmte Strategien durch sein gesamtes, so vielfältiges Werk ziehen, das verdeutlicht nun die Übersicht in der Kunsthalle Düsseldorf. Sie kommt ganz leicht daher und ist souverän in den Ausstellungsräumen arrangiert, vielleicht weil das Ausstellen, Präsentieren selbst ein Thema bei Hans-Peter Feldmann ist. Er nimmt Fotografien aus anonymen Alben und ordnet sie nach Motiven, er lässt Bilder nach den Covern von Groschenheften malen und hat gar ein ganzes Lichtballett aus Fundobjekten initiiert. In ihrer Beiläufigkeit ist die Kunst von Hans-Peter Feldmann ziemlich das Gegenteil der Beiträge von Christo, in ihren Eingriffen mitunter fast unsichtbar, sehr fein und pointenreich. Aber wie bei Christo hebt sie alle konventionellen Vorstellungen von Kunst aus den Angeln und ist unmittelbar mit unserer Umgebung verbunden. Staunend durch die Straßen zu laufen ... das lernt man hier, und wenn nicht hier, wo dann?
Wrapped! Die Kunst von Christo und Jeanne-Claude aus der Sammlung Würth I bis 26. September im Max Ernst Museum in Brühl I www.maxernstmuseum.lvr.de
Hans-Peter Feldmann, Kunstausstellung. Als Gast Werner Wenz I bis 22. August in der Kunsthalle Düsseldorf I www.kunsthalle-duesseldorf.de
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