Schon eindrucksvoll, wie die Ausstellungen zusammen wirken: Parallel eröffnet, sind im Museum Ludwig derzeit „Paula Modersohn-Becker und die ägyptischen Mumienportraits“ sowie „köln progressiv 1920-33“ mit seinen Protagonisten Gerd Arntz, Heinrich Hoerle und Franz W. Seifert zu sehen. Bei allen evidenten Unterschieden haben sämtliche Bilder die Bescheidenheit gemeinsam, eine unspektakuläre Präsenz der Fläche.
Paula Modersohn-Becker (1876-1907) hat 1903 im Louvre die Mumienportraits für sich entdeckt, eine fast 2000 Jahre alte Enkaustikmalerei auf Holz. Auf ihre eigene Malerei hatte dies unmittelbar Einfluss. Ihre Portraits kennzeichnet nun stärker als zuvor die frontale Haltung und ein bedachter Umgang mit Accessoires. Der vibrierende Farbauftrag beschreibt ein Spiel von Licht und Schatten, eine stillgelegte Lebendigkeit. In dieser maskenhaften Idealität werden die Grenzen zwischen Leben und Überzeitlichkeit aufgehoben: Aspekte, die so auch in den altägyptischen Malereien vorliegen. Diese Tafeln, die als Grabbeigaben auf die Gesichter der Toten gelegt wurden, sind wunderbare Ereignisse von großer Intensität. Und bemerkenswert ist nun auch, wie sich die Mumienportraits und die Bildnisse von Modersohn-Becker bestärken.
Ein wenig waren die Künstler der Vereinigung köln progressiv ja in Vergessenheit geraten. Am ehesten bekannt ist noch Gerd Arntz, weil er bis 1988 gelebt hat und mit seinen Holzschnitten einige Verbreitung erreicht hat. Hingegen sind Seiwert (1894-1933) und Hoerle (1895-1936) zu früh verstorben. Aber sie sind die Theoretiker der Kölner Gruppierung, die in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg Aufgabe und Stellung der Kunst gegenüber der Gesellschaft und im Besonderen gegenüber der Arbeiterschaft thematisiert. Sprachrohr ist ab 1929 ihre Zeitschrift „a bis z“. Mit dem Ende der Weimarer Republik lösen sich die „Kölner Progressiven“ (der sich in lockerem Verbund weitere Künstler angeschlossen hatten) als Gruppe auf. Stilistische Merkmale sind der realistische Bezug und der expressive Umgang mit der Farbigkeit. Während Arntz und Seiwert den Weg der Vereinfachung und flächigen Lösung der Figur gehen, wechselt Hoerle wiederholt seinen Stil, und doch ist so etwas wie ein durchgängiger Gruppenkanon festzustellen. Und abgesehen von den Fragen, inwieweit die Kunst mit Politik kooperieren und der Sozialismus unmittelbar einfließen kann, sind hochkarätige Bilder entstanden. Vielleicht trägt zu ihrer Bekanntheit nun das öffentliche Interesse an Paula Modersohn-Becker bei.
Paula Modersohn-Becker und die ägyptischen Mumienportraits sowie köln progressiv 1920-33, bis 15. Juni im Museum Ludwig, Am Dom/Hbf, Köln, Tel. 0221 22 12 61 65, www.museum-ludwig.de
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