Zwei herausragende Künstler-Museen weit über unsere Region hinaus sind das Max Ernst Museum des LVR in Brühl und das Arp Museum im Bahnhof Rolandseck bei Remagen, die – in ihrer jetzigen Form – beide erst vor ein paar Jahren eröffnet wurden. Das Max Ernst Museum und das Arp Museum berühren mit ihren Protagonisten verwandte künstlerische Fragestellungen. Hans Arp und Max Ernst waren zeitgleich tätig; sie gehören stilbildend zur künstlerischen Avantgarde ihrer Zeit. Beide sind wichtige Vertreter der deutsch-französischen Kunst, die von der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die Nachkriegszeit wirken, als Weltkünstler und Weltbürger.
In Brühl wie auch in Rolandseck sind dazu kontinuierlich Ausstellungen zu sehen, die teils den jeweiligen Protagonisten, teils auch dessen Zeitgenossen und ähnliche Konzeptionen der jüngeren Kunst im Fokus haben; ohnehin ist in Auszügen immer das Werk von Max Ernst bzw. von Hans Arp präsent.
Derzeit zeigt das Arp Museum einen konzentrierten Einblick in die Arbeitsverfahren von Hans Arp, in einer Gegenüberstellung mit dem Schaffen seiner Frau Sophie Taeuber-Arp. Der Schwerpunkt liegt auf seinen frühen Collagen und biomorphen Reliefs, mit denen er als Hauptvertreter einer organischen Abstraktion gilt. Jedoch hat Arp seine Werke nicht am Reißbrett entworfen, sondern in der Natur gefunden; so dienen Wolken und Blätter als Inspirationen. Arp, der zeitweilig den Dadaisten angehörte und sich teilweise auch auf die Surrealisten bezog, wandte sich zudem der Sprache in ihrer Vielschichtigkeit und Bildlichkeit zu; er kombiniert und bleibt spielerisch, verknappt dabei aber auch und präzisiert.
Demgegenüber arbeitet Sophie Taeuber-Arp konkret und geometrisch. Ihr vorrangiges Betätigungsfeld ist die angewandte Kunst; ihre Verdienste liegen besonders in Entwürfen zur Architektur und zur Innenausstattung von Räumen. In Rolandseck gibt es nun aus beiden Bereichen Etliches zu sehen, dass sich wiederum im Dialog mit Hans Arp weiter erschließt.
Auch in Brühl ist das Werk der Ehefrau eines berühmten Künstlers ausgestellt – aber von was für einer! Niki de Saint Phalle, die mit Jean Tinguely verheiratet war, gehört zu den bekanntesten Vertretern einer Kunst, die mit den Möglichkeiten des Realismus „spielt“. Die irreale Umformung geht mit einem freien Zugriff in der Malerei und bei den Plastiken einher. Oft wirken ihre Arbeiten üppig, barock, tragen aber auch die ernste Note einer persönlichen Auseinandersetzung und Verarbeitung. Im Zentrum der Ausstellung in Brühl stehen nicht die spektakulären „Nanas“, die monumentalen farbigen Frauenfiguren, die zum populären Teil der Kunstgeschichte nach 1945 gehören, sondern die frühen Malereien und Materialcollagen, die mehr das dicht Verwobene und die Kombinatorik kennzeichnet, welche aus dem gesteuerten Zufall erwächst. Das aber haben diese Bilder mit dem Werk des Hausherren in seiner Heimatstadt mit Max Ernst gemeinsam, und übrigens auch mit Hans Arp. Um wesentliche Impulse in der Kunst des 20. Jahrhunderts anschaulich zu erfahren, bieten die beiden Ausstellungen hinreichend Ansätze. Zu sehen sind sie einen Katzensprung voneinander entfernt.
„Hans Arp – Wolkenpumpen“ I bis 27.Januar 2013 I Arp Museum Bahnhof Rolandseck Iwww.arpmuseum.org
„Niki de Saint Phalle – Spiel mit mir“ I bis 3. Juni I Max Ernst Museum Brühl Iwww.maxernstmuseum.lvr.de
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