Ungewöhnliche Einblicke in ihr künstlerisches und persönliches Leben gewährt die Tänzerin und Choreografin Meg Stuart in ihrer Solo-Performance „Hunter“ (Jäger). Erstmals bei der Gastspielreihe Tanz an den städtischen Bühnen dabei, konnte man in diesem sehr persönlichen Tanz-Solo verfolgen, welche Spuren die Erfahrungen und Erinnerungen eines bewegten künstlerischen Lebens im Körper und der Psyche der Künstlerin hinterlassen haben.
Als Kind zweier Theaterdirektoren gehörten Tanz, Spiel, Performance wie selbstverständlich von Kindesbeinen an zu ihrem Leben. Doch „Hunter“ ist nicht nur ein Rückgriff auf Entwicklung und Einflüsse, die hier Schicht für Schicht offengelegt werden, sondern es ist zugleich auch ein perspektivischer Ausblick auf den Umgang mit dem Körpergedächtnis. Wer jagt hier wen? Viel biografisches Material bringt Meg Stuart ein, bastelt anfangs an einer Foto-Collage, die zeitgleich über drei Projektionsteppiche flackert – im wahrsten Wortsinn, denn das fragile Gebilde entzündet sie gleich wieder, bevor sie auf dem Tanzboden mit Linien wie einem Spinnennetz bäuchlings oder rücklings wie gefangen liegt, dann hockt oder in Seitlage den Boden malträtiert, auf allen Vieren rückwärts gehend, dann die Arme parallel streckend – und in diesem Rausch kleiner Bewegungen getrieben von einer tonmächtigen Kakophonie, die ebenso plötzlich abbricht wie diese abgehackten Bewegungen, die jetzt – tonlos – übergehen in einen harmonischen Bewegungsfluss, in dem ein Arm dem anderen seine Geste weitergibt und so fortsetzt. Das wirkt teils improvisiert und folgt doch einer stringenten Choreografie, so dass sich (ohne die vielfältigen Bezüge alle entschlüsseln zu müssen) ein Gesamteindruck ergibt, der von vielen kleinen Szenen komponiert wird und am Ende das Gefühl vermittelt, gerade Zeuge von etwas Bedeutsamen, von etwas Menschlichem, geworden zu sein. Da hätte es des zweiten verbalen Teils in dieser Breite eigentlich gar nicht mehr bedurft, auch wenn ein Zitat des Regisseurs Jonas Mekas darin wie ein persönliches Fazit wirkt: Seine Meinung ändern zu können, ist eines der besten Dinge, die es gibt.
Nach der kleinen Form des Solo trumpft die Gastspielreihe Tanz in den kommenden Wochen auch wieder mit den großen Ensemble-Stücken auf. Das Nederlands Dans Theater 1 (NDT 1), das Ballett de Monte-Carlo und Tanzmainz werden noch nach Köln oder besser: nach Leverkusen ins Forum kommen, denn das Kölner Opernhaus steht, wie viele andere Großprojekte, vor Problemen und in dieser Spielzeit noch immer nicht zur Verfügung. Getanzt wird trotzdem! Mit diesem Aufkleber auf dem Jahresprogramm trotzen die nächsten Gastspiele diesen Widrigkeiten. Die Choreografien von Marco Goecke (Thin Skin), Sol León & Paul Lightfoot (Shut Eye) oder von Jean-Christophe Maillot (Choré) gewähren den Kölnern (und Leverkusenern) also noch einen Blick in die große Welt des Tanzes.
Nächstes Gastspiel: NDT 1: „Thin Skin“ u.a. | Di 14.6., Mi 15.6. 19.30 Uhr | Forum Leverkusen | 0221 22 12 84 00
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