Jakob Lass, Jahrgang 1981, arbeitete als ausgebildeter Schauspieler, gründete dann mit seinem Bruder Tom die Produktionsfirma Lass Bros und drehte erste Kurzfilme. Seit 2009 studiert er an de HFF in Potsdam Film. „Love Steaks“ ist nach „Frontalwatte“ sein zweiter Langfilm.
Herr Lass, Liebe könnte man das Thema des Films nennen, oder Machtgefüge – privat und in der Arbeitswelt. Mir scheint Energie auch ein wichtiger Aspekt zu sein ...
Jakob Lass: Ja, das stimmt. Unser Alltag ist doch voll von kleinen, oft liebevollen Machtspielen. Die Fragestellung könnte sein: Wie beweglich ist das Machtgefüge in dieser Liebesbeziehung? Und welche Machtspiele nutzen die Arbeitsplätze Küche oder Spa um zu funktionieren? Auch Energie ist wichtig. Wir wollten zwei Figuren mit sehr unterschiedlicher Energie. Er ist zart, sie ist total durch. Vor allem wollten wir einen energetisierenden Film machen! Ich glaube, das ist gelungen.
Ungewöhnlich für einen deutschen Film ist die Finanzierung ohne Fördermittel und Senderbeteiligung ...
Das Warten auf Förderentscheidungen und Redaktionssitzungen braucht Zeit. Sehr viel Zeit. Wir waren jung und hatten diese Geduld nicht. Und wir waren in der privilegierten Situation, fast alle Studenten zu sein und für diesen Film auf unsere Gagen verzichten zu können. Das kann man natürlich nur ein paar Mal im Leben machen. Bei meinem nächsten Film möchte ich mein Team unbedingt bezahlen können.
Der Film hat nicht nur den Max Ophüls-Hauptpreis, sondern – einmalig bislang – auch sämtlichen Nachwuchspreise auf dem Münchener Filmfest gewonnen. Welchen Nerv haben Sie getroffen?
Schwierige Frage. Ich kann nur sagen: Unser Film kommt von Herzen und aus der Hüfte. Und wir haben nichts gemacht, weil es schon immer so gemacht wird, sondern alles genau so, wie wir Filme machen wollen! In diesem Fall ohne geschriebene Dialoge, an einem realen Ort und mit ordentlich Musik. Kino eben.
„Love Steaks“ ist nach den sogenannten Fogma-Regeln entstanden. Das klingt vom Namen her wie eine vernebelte Version des dänischen Dogma.
Ich hatte mit „Frontalwatte“ schon einen improvisativen Langfilm gedreht. Darauf wollten wir aufbauen. Wir haben sehr viel darüber diskutiert, wie wir grundsätzlich Filme machen wollen und kamen schnell darauf, dass eine bewusste, freiwillige Reduktion eine große Befreiung sein kann. Daher auch die Bezugnahme zu Dogma95. Da haben wir im Spaß gesagt, wir nennen das FOGMA im Sinne von Future, Fuck und Fortsetzung.
Fogma scheint in Bezug auf die Arbeitsbedingungen – feste Arbeitszeiten gegen Selbstausbeutung – auch so etwas wie nachhaltiges Filmemachen zu proklamieren …
Das ist auf der einen Seite Selbstschutz, weil unsere Arbeitsweise einfach eine unglaubliche Wachheit erfordert. Das kann man gar nicht länger durchziehen.
Selbstausbeutendes Verhalten kippt zusätzlich irgendwann in Unproduktivität. Man schafft ja nicht wirklich mehr, nur weil man nicht schläft und nicht isst. Man spart auch nicht wirklich Geld. Es passieren dann oft mehr Fehler und Ungenauigkeiten. Ich möchte lieber mit einer gesunden, gut gelaunten Crew drehen, die vor Ideen nur so sprudelt
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