Adriana stirbt. Sie stirbt einen der am meisten verspotteten Tode der Operngeschichte, vergiftet durch Blumenduft. Doch jenseits dieses Verdachts, den ihr Vertrauter, der ewig verliebte und nie erhörte Michonnet äußert, stirbt Adriana wie eine Inkarnation des Theaters: „Entfernt euch, Sterbliche“, ruft sie in der gehobenen Sprache des Dramas. „Melpomene bin ich!“ Und dann erglüht in der Musik Francesco Cileas in delikatesten Klangvaleurs die Vision des schmerzbefreienden Lichts, dem die Seele wie eine müde weiße Taube entgegenfliegt.
Adriana Lecouvreur, die große Schauspielerin, hält sich selbst für eine „bescheidene Magd“ der Kunst, doch ihre existenziellen Lebensäußerungen gibt sie in der Sprache der Bühne von sich: Sie dient nicht dem Theater, sie ist das Theater selbst. Der Bühnen- und Kostümbildner Gianluca Falaschi beschwört in seinem Regiedebüt den Mythos der Diva. In einer schier endlosen Parade kreativen Überschwangs in kostbaren Kostümen erscheint die „goldene Ära“ Hollywoods auf der Bühne, von den Turbanen und Federgestecken der Damen bis zu mondänen Glitzerwelt der großen Shows und Varietés.
Am 14. Januar hat diese Übernahme aus dem Staatstheater Mainz in Duisburg Premiere und verspricht einen luxuriösen Abend in der Kunst- und Traumwelt von Oper und Film, in der gleichwohl wahre Gefühle und existenzielle Fragen aufscheinen. Die musikalische Leitung hat Michael Halász, der erst jüngst in der gelungenen Neuinszenierung von Peter Tschaikowskys „Die Jungfrau von Orleans“ an der Deutschen Oper am Rhein einen Triumph für sich verbuchen konnte. In der Titelrolle der Adriana, einer historischen Figur, einst Star der Comédie Française, ist Liana Aleksanyan zu erleben. Sie sang an der Deutschen Oper am Rhein bisher u.a. Micaëla („Carmen“), Donna Anna („Don Giovanni“) und Cio-Cio-San („Madama Butterfly“). Ihre Gegenspielerin, die Fürstin Bouillon, verkörpert Ramona Zaharia. Maurizio, der heimliche Geliebte der Tragödin, wird alternierend von den Tenören Eduardo Aladrén und Sergy Polyakov gesungen.
Adriana Lecouvreur | 14., 21.1., 3., 8.2., 7., 29.3. | Theater Duisburg | 0203 28 36 21 00
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