Wow, Salvador Dalì ist doch ein toller Künstler! Das ist eine der Erkenntnisse, die man aus seinem Ausstellungsdialog mit dem „Hauskünstler“ des Arp Museums mitnimmt. Die konzentrierte Auswahl seiner stärksten Werke verweist unmittelbar auf den historischen Surrealismus. Die Ausstellung kreist um 1929, Ort ist Paris, das Zentrum der Surrealisten, in dessen Kreis Dalí aufgenommen wurde und in dem sich die beiden Künstler begegnet sind. Arp, der Ältere, arbeitet abstrakt. Dalí malt realistisch, trotzdem könnte er von der Kunst und der surrealistischen Lyrik von Arp beeinflusst sein. Der deutsch-französische Maler und Bildhauer Hans Arp (1886-1966) ist ein zurückhaltender Feingeist, obwohl er der Dada-Bewegung angehört hat. Der Spanier Salvador Dalí (1904-1989) ist ein Heißsporn, der die Salons in aller Welt erobern will.
Nun also, in Rolandseck bei Remagen, begegnen sich die Werke, und erstaunlicherweise stellen sich direkte Verwandtschaften ein. Die Holzreliefs und abstrakt konstruktiven Malereien von Arp und die opulenten Gemälde von Dalí zeigen ein wucherndes Wachstum, das sich zwischen Verfestigung und Auflösung verhält. Dazu verwenden beide Künstler eine organische Sprache, die sich auf Naturphänomene beziehen lässt. Arp deutet Wolken und Bäume an; Dalí inszeniert weite Landschaften, mitunter mit Wildtieren. Bei beiden Künstlern handelt es sich um Visualisierungen von Traumbildern, hervorgeholt aus dem Unterbewusstsein. Surrealismus ist eine Kraft der Einbildung, mit einem Bezug zur Realität. Und Dalí hat den Kontakt zur Gegenwart gesucht: In der Ausstellung ist sein „Hummer-Telefon“ (1938) zu sehen. Und es werden seine Filme – hoffentlich auch in Corona-Zeiten – vorgeführt, mit denen er mit dem neuen technischen Medium experimentierte. Zum Anlass von Beethovens 250. Geburtstag ist daneben Dalís Porträt des Komponisten zu sehen. Hier ist es Farbe in Bewegung auf der Fläche, expressiv und wie in ständiger Veränderung, gemalt mithilfe eines Tintenfisches und dessen Tinte. Auch das sieht man in Rolandseck: Wie erfinderisch und originell diese beiden Helden der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts doch waren.
Die Geburt der Erinnerung | bis 16.8. | Arp Museum Bahnhof Rolandseck | 02228 942 50
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Chiffren des Leidens, des Widerstands
Berlinde De Bruyckere im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 08/22
Skulptur in Bewegung
Hamberg und Pousttchi im Arp Museum – Kunst in NRW 02/22
Ruhe im Sturm
Jonas Burgert im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 05/20
Licht und Feuer
Otto Piene in Remagen – Kunst in NRW 10/19
Farbe im Raum
Gotthard Graubner im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 08/18
Rendezvous der Bildhauer
Henry Moore im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 10/17
Vor der Bühne, im Rampenlicht
„Bühnenreif“ im Arp Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 04/17
Stil und Ausdruck
Französische Malerei in Rolandseck – Kunst in NRW 07/15
Der Leib des Menschen
Körperdarstellungen aus der Sammlung Rau im Arp Museum Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 07/14
Hohe Türme
Turm-Skulpturen im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 07/14
Rausch und Klang
Ausstellungen in Remagen, Krefeld und Neuss – Kunst in NRW 12/13
Richter daheim
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 11/24
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23