Es muss gute Gründe dafür geben, dass im Arp Museum Rolandseck nicht nur das Werk von Hans Arp aus „seinem“ Stockwerk im Neubau geräumt, sondern dort auch die Glasfassade freigelegt wurde. Nun strömt das Tageslicht von allen Seiten herein und umschmeichelt die Bronzeskulpturen der großartigen Stella Hamberg: Die Oberflächen vibrieren, zumal die Skulpturen mit jedem Perspektivwechsel anders aussehen. Was Stella Hamberg (*1975) in Lebensgrößezeigt, ist das Wesenhafte von Material und Figur; diese ist noch in den Prozess der Schöpfung eingebunden, und so wie sie sich vom Realismus löst, so sind viele der Skulpturen Mischwesen und Monstren und in ihrer Präsenz beunruhigend faszinierend. Die neueren Skulpturen der Werkgruppe „Trance“ sind in den glatten Flächen geklärt, aber als Torsi vom Menschen verbleiben sie erschreckend naturalistisch zwischen Streckung und Beugung.
Kongenial dazu ist im Stockwerk darunter das Werk vonBettina Pousttchi (*1971) ausgestellt. Ihre Skulpturen wirken zunächst ganz anders, schon weil sie ungegenständlich sind. Pousttchi nimmt Baumschutzbügel oder Leitplanken aus dem normierten Stadtraum. Sie richtet sie auf, deformiert sie und dreht sie teils umeinander und überzieht sie homogen mit Farbe. In Rolandseck hängen außerdem Reliefs, die Verkehrspfeile umformen und nun mit ihren organischen Verläufen Hans Arp zitieren. Faszinierender ist der diskursive Bezug der allansichtigen Skulpturen zum filmisch Narrativen im Werk von Stella Hamberg: Was Hamberg mit der Figur vollzieht, unternimmt Pousttchi im Ungegenständlichen – schon wie sich ihre Skulpturengruppen tänzerisch aufeinander beziehen, die Glieder einknicken und zerbrechlich wirken. Mag sein, dass dieses Durchspielen von Bewegung bei ihr langatmig wird, aber dann ist noch ihr „Double Monument for Flavin and Tatlin VII“ (2010) ausgestellt, das wie eine Verschmelzung der besten Eigenschaften ihres Werkes wirkt. Übrigens steht eine ihrer Figuren am weitläufigen Skulpturenufer Remagen: Dort geht es mit dem anregenden Einblick in die zeitgenössische Skulptur weiter.
Corpus (Stella Hamberg) bis 27.2. | Fluidity (Bettina Pousttchi) bis 12.6. | Arp Museum Bahnhof Rolandseck | 0228942 50
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