Es muss nicht immer die ganz aktuelle Kunst sein, die für Aufsehen sorgt. In NRW haben sich gleich sechs Museen zusammengetan, um einen einzigen Künstler des 19. Jahrhunderts vorzustellen und ihm zu größerer Aufmerksamkeit zu verhelfen. Zweifelsohne, Johann Wilhelm Schirmer, der 1807 in Jülich geboren wurde und 1863 in Karlsruhe gestorben ist, gehört zu den wichtigsten frühen Vertretern der Düsseldorfer Malerschule und gilt überhaupt als einer der bedeutenden Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts. Als Kunststudent an der Düsseldorfer Akademie hat er 1827 gemeinsam mit Carl Friedrich Lessing den „Landschaftlichen Komponierverein“ gegründet – für Schirmer ein bleibendes Bekenntnis, auch als er als Professor an die Düsseldorfer und später an die Karlsruher Akademie berufen wurde. Die Landschaftsmalerei der Romantik war da schon in vollem Gang, mit allen metaphorischen Absichten und aller mythologischen Erhabenheit. Zwischen Juli 1839 und Oktober 1840 reist Schirmer über die Schweiz nach Italien, wo er sich fast ein Jahr in Rom und dessen Umgebung aufhält, immer den Skizzenblock dabei. Während in Italien noch die Weite der Landschaft mit der dortigen Architektur eine Rolle spielt, wendet sich Schirmer später der bewaldeten, oft noch felsigen Natur zu. Meist sind die Ansichten menschenleer. Aller Ausdruck liegt in den Phänomenen der Natur selbst. Der Blick schweift über die Landschaft, die sich in die Bildtiefe schiebt, mitunter noch Gewässer und immer Himmel beinhaltet und Weite und Enge, Großzügigkeit und Detail zusammenführt, dazu mit dem Licht arbeitet und eine lockere Pinselführung erkennen lässt. Die Gegenden, die Schirmer ja bereist hat, sind wiedererkennbar – oder es handelt sich um erfundene „ideale“ Landschaften, die aus Versatzstücken komponiert sind. Man sollte sich für seine Beschreibungen unberührter Natur Zeit nehmen, dann lehren sie, genau hinzuschauen und sich den eigenen Standpunkt zu vergegenwärtigen.
Schon das ist erwähnenswert, dass sich die Museen in Bergisch-Gladbach, Bonn, Düsseldorf, Jülich, Königswinter, Neuss und der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz zu einem Projekt zusammengefunden haben. Sie stellen nun unterschiedliche Aspekte im Werk von Schirmer und seinem Umkreis vor. Gefördert im Rahmen der „Regionalen Kulturpolitik“, ist das gesamte Projekt Teil der Rheinischen Weltausstellung der Regionale. Ein sperriger Name. Aber nicht deswegen, sondern weil Schirmer auf seinen vielen Reisen arbeitete und seine Bilder (wie die seiner Kollegen der Düsseldorfer Malerschule) in den Vereinigten Staaten gefragt waren, heißt das gesamte Ausstellungsprojekt: „Johann Wilhelm Schirmer – Vom Rheinland in die Welt“.
Johann Wilhelm Schirmer – Vom Rheinland in die Welt I u.a. bis 1.8. im Clemens Sels-Museum, Neuss I bis 29.8. im museum kunst palast, Düsseldorf I bis 16.1.11 im LVR Landesmuseum Bonn I www.schirmer2010.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Malerische Fotografie
„Foto – Kunst – Foto“ im Clemens Sels Museum Neuss – Kunst in NRW 12/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Hinter dem Vorhang
„Symbolismus heute“ im Clemens Sels Museum Neuss – Kunst in NRW 01/17
Eine kleine Kunstgeschichte
Ramboux in Neuss – Kunst in NRW 05/16
Drinnen draußen
Rita Rohlfing in Neuss – RuhrKunst 12/15
Pathetisch und nüchtern
Sofia Hultén und Gustave Moreau in Neuss – Kunst in NRW 10/12
Der rosa Teppich wird ausgerollt
Clemens-Sels-Museum feiert seinen 100. Geburtstag - Kunst in NRW 06/12
Eine seltene Gelegenheit
Ausstellungen in Wuppertal, Herford und Neuss - Kunst in NRW 12/09
Auf nach Neuss
Ausstellungen mit Dubuffet und Rousseau - Kunst in NRW 04/09
Richter daheim
Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 11/24
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23
Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23
Kunst und Umgebung
„Produktive Räume“ in Haus Lange Haus Esters in Krefeld – Kunst in NRW 08/23