Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.584 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Foto: Presse

Doppelhochzeit

01. Oktober 2013

Entdeckungen von Man Ray im Max Ernst Museum – Kunst in NRW 10/13

Warum macht man heutzutage eine Ausstellung mit Werken von Man Ray? Gehören seine Arbeiten nicht zu den meist gezeigten Ikonen der Modernen Kunst? Gute Gründe fand das Max Ernst Museum in Brühl, um uns im Zeitalter der digitalen Bildbearbeitung jenen Surrealisten reinsten Wassers zu präsentieren, der von sich sagte: „Ich bin kein Fotograf der Natur, sondern meiner Phantasie“.

Man Ray zählte zu den engsten Freunden von Max Ernst. Das Museum hat da eine Lücke zu schließen, denn der Amerikaner, Jahrgang 1890, fotografierte seinen Freund aus dem Rheinland nur zu gerne in gestrenger Pose. Die beiden arbeiteten zusammen und das Museum zeigt eine interessante Bildserie die gemeinsam entworfen und hergestellt wurde. Letztlich organisierten die Männer auch eine Doppelhochzeit, bei der Max Ernst seine Dorothea Tanning und Man Ray Juliet Browner ehelichte. Pikanterweise wurden die beiden Frauen schon auf dem Hochzeitsfoto lachend getauscht.

Vor allem die Frauen lachen. - Die Ausstellung demonstriert überhaupt sehr anschaulich, dass in kaum einer Epoche der Modernen Kunst die Frauen eine so zentrale Rolle spielten wie im Surrealismus, auf dessen zwei Jahrzehnte der 20er und 30er Jahre in Paris das Werk Man Rays hier konzentriert ist. Diese Frauen waren sich ihrer Wirkung bewusst, ob mit oder ohne Kleider. Jacqueline Breton, Lee Miller, Nusch Éluard oder Meret Oppenheim – die sich als 20Jährige nackt hinter einer Druckmaschine ablichten ließ – sie alle sind ihren eigenen Weg als Künstlerinnen gegangen. Man Ray fotografierte sie respektvoll und lustvoll zugleich.

Die Ausstellung zeigt, wie ein Künstler findungsreich um seinen Ausdruck ringt. Man bekommt seltene Werke aus den USA und Frankreich präsentiert, die Man Rays Auftragsarbeiten dokumentieren. Radikal bricht er dabei mit den mythisch verblasenen Werbekonventionen der damaligen Zeit, in denen die Elektrizität zum Geschenk antiker Göttinnen an die bedürftige Menschheit stilisiert wurde. Die durch Zufälle und clevere Experimente entstandenen Methoden der Rayogramme oder der Solarisation zeigen die nervöse Suche nach neuen stilistischen Ausdrucksmöglichkeiten. Über 150 Arbeiten sind zu sehen, darunter viele Akte. Hier wird besonders deutlich, wie Man Ray an den Ketten des Realismus zerrt, die der Fotografie naturgemäß auferlegt sind. Er verschiebt die Konturen und gibt der Haut eine Weichheit, die sie in eine taktile Reflexionsfläche verwandelt. Er lässt zu, dass das Unbewusste sein Spiel mit der Realität treiben kann, ganz ohne dass die Herrschaft der Symbole bemüht werden müsste. Diese Lust an der Veränderung der festgefügten Materie oder der starren Vorstellungen in unseren Köpfen steckt an. Eine fröhliche, ironische Attitüde durchzieht diese Ausstellung. Zurück bleibt die prickelnde Gewissheit, einen der großen Künstler der Moderne aus einer neuen, ungezwungenen Perspektive kennengelernt zu haben.

„Man Ray – Fotograf im Paris der Surrealisten“ | Ausstellung bis 8.12.2013 | Max Ernst Museum Brühl des LVR | Geöffnet Di-So 11-18 Uhr | www.maxernstmuseum.lvr.de

Thomas Linden

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Farben hinter Glas
Karin Kneffel im Max Ernst Museum des LVR – Kunst in NRW 07/22

Der Mensch bei sich
Hede Bühl in der Villa Zanders in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 03/21

Aus der Distanz ganz nah
Bert Didillon und Hanna Kuster bei den Grölle pass:projects in Wuppertal – Kunst in NRW 03/21

Mann aus Texas
Robert Wilson inszeniert seine Sammlung im Max Ernst Museum des LVR – kunst & gut 07/18

Kleine Monster
Joan Miró im Max Ernst Museum des LVR Brühl – Kunst in NRW 11/17

Rendezvous der Bildhauer
Henry Moore im Arp Museum Rolandseck – Kunst in NRW 10/17

Der letzte Auftritt
ZERO im LVR-Landesmuseum Bonn – Kunst in NRW 03/17

Hinter dem Vorhang
„Symbolismus heute“ im Clemens Sels Museum Neuss – Kunst in NRW 01/17

Unter Meistern
Die Stiftung Bührle im Wallraf-Richartz-Museum Köln – Kunst in NRW 12/16

Vom Funktionieren einer Stadt
Die Römer in Hamm – Kunst in NRW 08/16

Landschaften unter Tage
Es gibt ein neues Museum in Bochum – und was für eins – Kunstwandel 01/16

Die Meister in Japan
Die Impressionisten in der Bundeskunsthalle Bonn – Kunst in NRW 01/16

Kunst.

Hier erscheint die Aufforderung!