„Flight“: Der Titel der Oper von Jonathan Dove kann „Flug“, aber auch „Flucht“ bedeuten. Die zehn Menschen, die in der gut zweistündigen Komödie für eine Nacht im Terminal eines Flughafens festsitzen, sind irgendwie alle auf der Flucht, vor allem vor sich selbst. Der 1959 geborene Londoner Komponist hat 1998 in seiner ersten erfolgreichen Oper ein Setting verwendet, das einem bekannt vorkommt: Menschen, auf sich selbst zurückgeworfen und gefangen in einer Schicksalsgemeinschaft, offenbaren nach und nach Einblicke in ihr Leben. Ob Jean-Paul Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ (1944) oder Steven Spielbergs Film „The Terminal“ (2004): Eine Ausnahmesituation macht den Blick auf innere Abgründe, verborgene Antriebskräfte und existenzielle Bedürfnisse möglich.
Dove und seine Librettistin April de Angelis lassen die nächtlichen Konfrontationen als Komödie ablaufen. Inspiriert ist die Handlung von der wahren Geschichte des Flüchtlings Mehran Karimi Nasseri aus dem Iran, der von 1988 bis 2006 in der Abflughalle des Pariser Flughafens Charles de Gaulle lebte. Der „Refugee“, als Countertenor auch stimmlich ein Mensch zwischen den Welten, spielt in der Oper eine Schlüsselrolle. Umgeben ist er von einer bunten Mischung an Charakteren: Bill und Tina, ein verheiratetes Paar, das seine Beziehung in neue Bahnen lenken will, eine ältere Dame, die auf ihren jungen Liebhaber wartet, ein Diplomat mit seiner hochschwangeren Frau, ein Steward und eine Stewardess, die voneinander sexuell fasziniert sind, der Vertreter der Einwanderungsbehörde, der den Geflüchteten im Visier hat, und die Controllerin, die den Flugverkehr wegen eines drohenden Orkans einstellt.
Musikalisch mischt Dove traditionelle und moderne Stilelemente der Oper: von der opulenten Sturmmusik bis zu feinnerviger Minimal Music, von melodischem Wohlklang bis zum harten Schlagwerkeinsatz. Dirigent Daniel Johannes Mayr darf dem Beethoven Orchester Bonn also alle stilistische Vielfalt abfordern. Gleichzeitig steht Adriana Altaras für die Inszenierung eine breite Palette an witzigen, tragikomischen und emotional aufwühlenden Szenen zur Verfügung. Nach „Pinocchios Abenteuer“ (2007) und der Uraufführung von „Marx in London“ (2018) ist „Flight“ die dritte Oper Doves, die in Bonn gezeigt wird.
Flight | 7.1. (Einführungsmatinee), 21. (P), 27.1., 1., 4., 24.2., 15., 24.3. | Theater Bonn | 0228 77 80 08
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