Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
18 19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 1

12.582 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Regisseur Lorenzo Fiorino
Foto: Presse

Das Scheitern einer Femme fatale

08. Mai 2023

„Hérodiade“ an der Rheinoper Düsseldorf – Oper in NRW 05/23

Jules Massenet ist in Deutschland vor allem bekannt durch seine Opern „Werther“ und „Manon“ (derzeit am Theater Aachen zu sehen). Seine „Hérodiade“, 1881 in Brüssel uraufgeführt, fristet dagegen ein Schattendasein im Repertoire – vielleicht, weil man glaubt, mit der „Salome“ von Richard Strauss die blutig-laszive Geschichte um Herodes, Herodias, Salome und den Propheten Jochanaan packender abhandeln zu können.

Doch das ist ein Missverständnis und greift zu kurz. In Massenets Oper auf der Basis einer Erzählung von Gustave Flaubert ist tatsächlich die titelgebende Hérodiade die Hauptfigur. Massenet gestaltet sie als eine gefährliche Femme fatale, die passgenau auf die exotischen Männerprojektionen der Zeit zugeschnitten ist. Die aufreizend fremde Atmosphäre des Hofs von Herodes, der politische Kampf zwischen Römern und den Völkern in der römischen Provinz Judäa, die provokante erotische Sinnlichkeit zwischen Salome und dem Propheten, die in eine große Liebesszene mündet: Alles das verbindet Massenet zu einer musikalisch farbigen, großen Oper, die sich deutlich an Giacomo Meyerbeer orientiert und dessen Modell weiterentwickelt.

Hérodiade scheitert, weil sie mit dem Verlust ihrer sexuell begründeten Macht über Herodes auch ihren politischen Einfluss verliert und weil sie ihre Rolle als Mutter von Salome verfehlt: Ihre Tochter ersticht sich am Ende selbst, weil die – jetzt erst erkannte – eigene Mutter schuld ist am Tod ihres Geliebten, des Propheten Jean. Regisseur Lorenzo Fioroni erzählt die Geschichte einer Frau, die am Ende alles verliert: Ihre Macht, um derentwillen sie zur kalten Mutter wurde, und ihre Tochter, deren Liebe sie hätte erlösen können. Am Pult steht mit dem Saarbrücker Generalmusikdirektor Sébastien Rouland ein Dirigent, der mit dem französischen Repertoire und dem vielfältigen musikalischen Vokabular Massenets vertraut ist. Ramona Zaharia verkörpert die faszinierende Rolle der Hérodiade; als ihre Tochter Salomé ist Luiza Fatyol zu erleben. Sébastien Guèze singt den Jean, den – anders als später Strauss seinen Jochanaan – Massenet für einen Tenor geschrieben hat und damit den erotischen Aspekt hervorhebt.

Herodiade | 27.5. (P), 4., 8., 18., 23., 25.6. | Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf | 0211 89 25 211

Werner Häußner

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Besiegt Vernunft die Leidenschaft?
„Orlando“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/24

Unerwartet Kaiserin
„Der Kreidekreis“ in Düsseldorf – Oper in NRW 11/24

Die Königin der Operetten
„Die Fledermaus“ an der Oper Dortmund

„Was dieser Mozart gemacht hat, will ich auch machen“
Komponist Manfred Trojahn wird 75 Jahre alt – Interview 10/24

Horror und Burleske
Die Spielzeit 24/25 am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 07/24

„Das ist fast schon eine Satire“
Alexander Becker inszeniert „Die Piraten von Penzance“ am Opernhaus Dortmund – Premiere 07/24

Opern-Vielfalt am Rhein
„Nabucco“ eröffnet in Düsseldorf die Spielzeit 2024/25 – Oper in NRW 06/24

Welt ohne Liebe
„Lady Macbeth von Mzensk“ am Theater Hagen – Oper in NRW 05/24

„Erstarrte Konzertrituale aufbrechen“
Interview mit dem Direktor des Dortmunder Festivals Klangvokal, Torsten Mosgraber – Interview 05/24

Noten sind nicht maskulin
Das Komponistinnenfestival Her:Voice in Essen – Festival 05/24

Die Gefahren der Liebe
„Die Krönung der Poppea“ an der Oper Köln – Oper in NRW 05/24

Der Ring und ein schwarzer Berg
Wagner-Kosmos in Dortmund zu „Mythos und Wahrheit“ – Oper 05/24

Oper.

Hier erscheint die Aufforderung!