In Zeiten teils immer skurriler anmutender Inszenierungen auf Theater- und Opernbühnen bringt die Oper Köln im Juni nun einen zeitlosen Klassiker auf die Bühne: Ruth Berghaus‘ Inszenierung von Gioacchino Rossinis „Il barbiere di Siviglia“ von 1968 entstand damals für die Berliner Staatsoper Unter den Linden und hat seitdem über 350-mal das Publikum begeistert – bisher aber nur das Berliner Publikum.
Der erst 23-jährige Rossini schrieb die Vorgeschichte zu Mozarts „Le Nozze di Figaro“ in nur drei Wochen als ein Paradebeispiel für die damalige Opera buffa. Der Text, der auf dem Schauspiel „La Précaution inutile ou le Barbier de Séville“ von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais beruht, erzählt die Geschichte des schwer verliebten Graf Almaviva, der sich als Student Lindoro ausgibt, um das Herz seiner verehrten Rosina zu gewinnen. Im Weg steht ihm dabei der Arzt Bartolo, Vormund Rosinas, der alle Verehrer von ihr fernhält, um seine wohlhabende Ziehtochter selbst heiraten zu können. Doch dabei hat er die Rechnung ohne den gewieften Barbier Figaro gemacht, der seinen Herrn Almaviva bei der Brautwerbung mit zahlreichen Tricks unterstützt.
Neben der heiteren Geschichte – ein bisschen Liebe, ein bisschen Drama, Herzschmerz, viele Verwirrungen und am Ende ein glückliches Paar – begeistert Rossinis Oper bis heute mit bravourösen Solo-Arien, schönen Ensemblestücken und Melodien mit Ohrwurmcharakter. 1968 entstand in Berlin die Inszenierung der vom Tanz kommenden Regisseurin Ruth Berghaus. Ihr, die sich zuvor gerne Werken mit politischem Hintergrund gewidmet hat, gelang eine Inszenierung, die zwar der Komischen Oper Rechnung trägt, zugleich aber durch die Umsetzung im Stile der Commedia dell’arte und die regelrecht choreographierten Bewegungen alles andere als klamaukig wirkt. Eng verknüpft ist ihre Inszenierung mit den zeitlosen Kostümen und Bühnenbild von Achim Freyer mit seiner rokokohaften Bühne in gedecktem Weiß und einem Gefühl von „Bühne auf der Bühne“. Nach über 350 Aufführungen in mehr als 50 Jahren, die ausschließlich in Berlin stattfanden, ist die legendäre Inszenierung nun zum ersten Mal außerhalb Berlins zu sehen.
Rossini: Il Barbiere di Siviglia | ab 16.6. | Staatenhaus Köln | 0221 22 12 84 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Triumph der Güte?
„La Cenerentola“ in Essen und Hagen – Oper in NRW 12/24
Goldene Flügel der Sehnsucht
Großes biblisches Drama: „Nabucco“ an der Oper Köln – Oper in NRW 12/24
Besiegt Vernunft die Leidenschaft?
„Orlando“ an der Oper Köln – Oper in NRW 11/24
Unerwartet Kaiserin
„Der Kreidekreis“ in Düsseldorf – Oper in NRW 11/24
„Was dieser Mozart gemacht hat, will ich auch machen“
Komponist Manfred Trojahn wird 75 Jahre alt – Interview 10/24
Horror und Burleske
Die Spielzeit 24/25 am Gelsenkirchener MiR – Oper in NRW 07/24
„Das ist fast schon eine Satire“
Alexander Becker inszeniert „Die Piraten von Penzance“ am Opernhaus Dortmund – Premiere 07/24
Opern-Vielfalt am Rhein
„Nabucco“ eröffnet in Düsseldorf die Spielzeit 2024/25 – Oper in NRW 06/24
Welt ohne Liebe
„Lady Macbeth von Mzensk“ am Theater Hagen – Oper in NRW 05/24
„Erstarrte Konzertrituale aufbrechen“
Interview mit dem Direktor des Dortmunder Festivals Klangvokal, Torsten Mosgraber – Interview 05/24
Der Ring und ein schwarzer Berg
Wagner-Kosmos in Dortmund zu „Mythos und Wahrheit“ – Oper 05/24
Noten sind nicht maskulin
Das Komponistinnenfestival Her:Voice in Essen – Festival 05/24
„Kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit“
Kapellmeister Hermes Helfricht über Werner Egks „Columbus“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 06/24
Die Gefahren der Liebe
„Die Krönung der Poppea“ an der Oper Köln – Oper in NRW 05/24
Absurde Südfrucht-Fabel
„Die Liebe zu den drei Orangen“ an der Oper Bonn – Oper in NRW 04/24
Grund des Vergessens: Rassismus
Oper von Joseph Bologne am Aalto-Theater Essen – Oper in NRW 03/24
Täuschung und Wirklichkeit
Ein märchenhafter Opern-Doppelabend in Gelsenkirchen – Oper in NRW 02/24
Verpasstes Glück
„Eugen Onegin“ in Bonn und Düsseldorf – Oper in NRW 02/24