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Gaetano Donizetti als junger Komponist
Foto: gemeinfrei

Kampf der Königinnen

30. November 2017

Donizettis Schiller-Oper „Maria Stuarda“ – Opernzeit 12/17

England im 16. Jahrhundert: 1568 flieht Maria Stuart, Königin von Schottland, vor ihren Gegnern aus dem eigenen Land und sucht Schutz bei ihrer Verwandten Elisabeth, Königin von England. Diese befürchtet, Maria könnte Ansprüche auf den englischen Thron geltend machen, und inhaftiert die Halbschwester für mehr als zwanzig Jahre.

Donizettis Oper verkürzt das Ineinander von Staatsintrige und Seelendrama der Vorlage auf die Auseinandersetzung der um Thron und Liebe rivalisierenden Königinnen. Wie bei Schiller setzt die Handlung des Dramas wenige Tage vor Marias Hinrichtung im Jahre 1587 ein. Das Todesurteil wegen Hochverrats ist grausamer Höhepunkt der ungerechten Behandlung, die der Katholikin Maria seit ihrer Ankunft im protestantischen England widerfährt, denn man wirft ihr zu Unrecht vor, einen Anschlag auf Elisabeth unterstützt zu haben. Elisabeth zögert, um ihr eigenes Ansehen besorgt, die Unterzeichnung des Urteils hinaus.

Die beiden Protagonistinnen machen im Verlauf der sich zuspitzenden Handlung eine gegensätzliche Entwicklung durch. Elisabeth verhärtet zunehmend in ihrer Existenz als Herrscherin und zahlt einen hohen Preis für den Erhalt ihrer Macht: Einsamkeit und den Verzicht auf privates Glück. Sie führt ein Leben im Schein der instrumentalisierten Beziehungen. Obwohl sie von Freiheit spricht, ist sie eine Gefangene, abhängig vom Willen des Volkes, den Anforderungen des Königtums und den Rollenerwartungen, die an sie als weibliche Monarchin gestellt werden.

Auch Maria ist den Verstrickungen der Macht erlegen, auch sie kämpft um ihre Position als Königin: Ihren ersten Ehemann, der ihr den Rechtsanspruch auf Erbfolge nehmen wollte, für den Fall, dass sie kinderlos bliebe, ließ sie ermorden. Ein Scheingericht sprach den Attentäter frei, den sie später heiratete. In der Haft hat Maria nichts von ihrer Schönheit und erotischen Anziehungskraft verloren, die sie in neue Intrigen verstrickt. Sie inszeniert sich als duldende Märtyrerin, doch in der großen Auseinandersetzung der beiden Königinnen in der Mitte des Dramas brechen ihre wahren Gefühle, Rachelust und triumphierender Hohn hervor – hasserfüllte Aggressivität als Folge jahrelang erlittener Demütigung. Donizetti gestaltet diese Szene als dramatischen Höhepunkt der Oper. Statt ein konventionelles Duett zu komponieren, ordnet Donizetti hier die Musik der Dramatik der Situation unter, Arioso und Rezitativ greifen je nach Situation ineinander und wechseln einander ab. Dieses Stilmittel wurde späteren Opernkomponisten zum Vorbild für den hasserfüllten Konflikt zweier rivalisierenden Frauen, deren Gegensätzlichkeit sich auch im Stimmfach niederschlägt: Der Sopran steht für den sich aufopfernden weiblichen und der Mezzosopran für den dominant-herrschsüchtigen Charakter.

Erst angesichts des unaufschiebbaren Todes erhebt sich Maria zu einer „schönen Seele“ im Schillerschen Sinne. Im Larghetto der Beichtszene Marias baut Donizetti in der Melodie durch harmonische Fortschreitungen ein breites emotionales Spektrum auf, das von Reue bis zu einem letzten Augenblick der Verzückung reicht. Sie verzeiht der Rivalin und hält nicht mehr an der Rolle der Königin fest, die sie in ein falsches Leben zwang. Durch Vergebung findet sie inneren Frieden, die Fesseln der Todesangst fallen von ihr ab. Sie ist frei, zum ersten Mal in ihrem Leben. „In my end is my beginning“ hatte die historische Maria Stuart in ein Stück Stoff gestickt.

Wo zu sehen in NRW? 

15.(P), 20., 23., 28.12., 5., 11.1. je 19.30 Uhr, 14.1. 15 Uhr | Deutsche Oper am Rhein, Theater Duisburg | www.operamrhein.de

Kerstin Maria Pöhler

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