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Gelebte Musik: The Klezmatics aus New York.
Foto: Presse

Rolling Stones des Klezmer

26. Oktober 2012

The Klezmatics spielten im Rahmen der „Klezmerwelten“ in der Kaue Gelsenkirchen – Musik 10/12

Die „Klezmerwelten 2012“ neigen sich dem Ende. Seit dem 13. Oktober bespielen die besten internationalen Formationen der Klezmermusik die Bühnen Gelsenkirchens. Am gestrigen Donnerstagabend kam das Festival, welches zuvor zum letzten Mal vor acht Jahren stattfand, zu seinem Höhepunkt. Andreas Schmitges, Programmleiter des Festivals, kündigte sie als die „absoluten Stars“ des Klezmer an und in der Rezeption werden sie nicht selten als die Rolling Stones des Genres bezeichnet. The Klezmatics aus New York waren zu Gast. Was 1986 bescheiden begann, fand 2007 seinen vorläufigen Höhepunkt: Auf dem 2007 veröffentlichten Werk „Wonder Wheel“ vertonte die Band unbekannte Texte des amerikanischen Folk-Sängers Woody Guthrie. Das Album wurde als bestes zeitgenössisches Weltmusik-Album mit einem Grammy ausgezeichnet. Doch warum ist die Musik der Klezmatics so einzigartig? Die israelische Folk-Ikone Chava Alberstein fasste es einst so zusammen: „Weil sie verrückt sind, weil sie international und wild sind und weil sie eine Musik machen, die keine Grenzen, keine Armee und nur eine globale Sprache, Yiddisch, kennt“. Das zahlreich erschienene Publikum in der Gelsenkirchener Kaue hatte es also mit einem echten Schwergewicht der Weltmusik zu tun.

Als dann, nach salopper, fast selbstironischer Begrüßung des Publikums die ersten Töne der sechsköpfigen Band erklangen, wurde allen Anwesenden schnell klar, warum The Klezmatics allerorts mit solch lobenden Worten versehen werden. Ihre Musik strotzte von Beginn an vor Diversität und zauberte nicht nur dem Publikum, sondern auch den Protagonisten auf der Bühne ein Lächeln auf die Gesichter. The Klezmatics machten nicht nur Musik, sie lebten sie vor und sie lebten auch diesen Abend. Immer wieder spielten sich die einzelnen Mitglieder an ihren Instrumenten in Ekstase. Nach den ersten beiden Stücken zwischen Balkan-Ska und traditionellem Volkslied, gab es für fünf der sechs Bandmitglieder eine Verschnaufpause. Drummer David Licht setzte zu einem beeindruckenden Solo an, welches nach und nach das Publikum durch vorgegebene Klatschrhythmen miteinbezog. In der Folge wechselten sich immer wieder instrumentale, traditionelle Stücke mit modernen Songs ab, die stets zwischen Jazz, Pop und Ska pendelten. Der mehrsprachige Gesang von Lorin Sklamberg sorgte vor allem in den tragenden Arrangements für eine hohe Eindringlichkeit. In den schellen, tanzbaren Stücken zeigte sich allen voran die Rhythmusfraktion dafür verantwortlich, dass man nur zu gern die Bestuhlung der Kaue in Stehplätze umgewandelt hätte. Trotz des so unterschiedlichen Liedguts gelang es den Klezmatics jedoch stets ein in sich geschlossenes Klangbild zu erzeugen. Nur selten bemerkte man die Pausen zwischen den einzelnen Liedern. Vielmehr konnte man sich als Zuhörer über gut 90 Minuten in einer Welt voller Religion, Tradition und Moderne treiben lassen. Lauschte man Applaus und Gesprächen des durchmischten Publikums nach dem Konzert, so wurde deutlich, dass moderner Klezmer nicht nur generationenübergreifend funktioniert, sondern auch Menschen für sich zu gewinnen weiß, die vorher kaum bis gar keinen Kontakt mit Weltmusik hatten.

Wer die „Klezmerwelten“ noch erkunden möchte, sollte sich sputen. Das Festival wird in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde und dem Musiktheater im Revier ausgerichtet und läuft noch bis zum 31. Oktober.

Benjamin Knoll

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